Hormontherapie in den Wechseljahren: Richtig eingesetzt überwiegen die Vorteile
In den letzten Jahren erfährt die Hormontherapie eine Renaissance, nachdem sie vor rund zehn Jahren stark in Verruf geraten war. Denn der aktuelle Wissensstand zeigt ganz klar: Die richtig eingesetzte „Menopausale Hormontherapie“ (MHT), früher als Hormonersatztherapie bezeichnet, ist und bleibt die effektivste Behandlungsmethode von Wechseljahrbeschwerden. Aus dieser Situation heraus haben sich im letzten Jahr Vertreter der führenden Fachgesellschaften aus aller Welt zusammengefunden und gemeinsame Empfehlungen erstellt.
Ein kurzer Ausflug in die Geschichte
Noch Anfang der 1990er Jahre nahmen viele Frauen nach den Wechseljahren Hormonpräparate ein (Östrogene, meist mit Progesteron kombiniert). Die langfristige Einnahme der Hormone sollte nicht nur die Wechseljahrbeschwerden lindern, sondern auch gegen Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Herzinfarkt, Schlaganfall) schützen. Doch dann schockten die Ergebnisse der sogenannten WHI-Studie vor rund 10 Jahren die Öffentlichkeit (WHI steht für Women´s Health Initiative), denn die Hormoneinnahme provozierte genau jene Komplikationen, vor denen sie eigentlich schützen sollte. In der Studie zeigte sich bei Frauen, die in den Wechseljahren mit einer MHT behandelt wurden, ein erhöhtes Brustkrebsauftreten und auch eine Neigung zu Herzinfarkten und Schlaganfällen. Die Folge war eine starke Verunsicherung der Ärzte und Patientinnen, sodass die Hormontherapie in den Folgejahren nahezu zum Erliegen kam. Das Paradoxe war aber, dass die WHI-Studie eigentlich gar keine direkte Untersuchung zur Hormontherapie war. Ausserdem waren die Teilnehmerinnen älter – sie waren im Schnitt 64 Jahre und somit lag bei Beginn der Hormontherapie die Menopause bereits mehr als 10 Jahre zurück – und viele hatten bereits bekannte Gesundheitsrisiken, vor allem hinsichtlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Neubewertung rückt die MHT zurück ins rechte Licht
Aus heutiger Sicht war diese Reaktion verständlich, wohl aber etwas übertrieben. Denn die Untersuchungen der vergangenen Jahre zeigen, dass die MHT doch halten kann, was sie den Frauen damals versprochen hatte: Richtig eingesetzt ist sie nicht nur die effektivste Behandlung klimakterischer Beschwerden (Hitzewallungen, Nachtschweiss, vaginale Trockenheit), sie ist dann auch vorteilhaft für die Knochengesundheit und kann sogar das Herzinfarktrisiko senken. Entscheidend dabei ist, die MHT auf das günstige Zeitfenster zu beschränken, sprich auf die ersten 10 Jahre nach dem Eintritt in die Menopause bzw. vor dem 60. Lebensjahr. Innerhalb dieser Zeit überwiegen die Vorteile, die sich durch die MHT ergeben und die Risiken sind gering. Selbstverständlich muss sich die Behandlung immer auch nach den individuellen Gegebenheiten (Beschwerden, Risikoprofil der einzelnen Frau) richten. Auch die eingesetzten Dosierungen und Verabreichungsformen spielen eine wichtige Rolle. In den meisten Fällen sind zur Linderung der Wechseljahrbeschwerden bereits niedrige Östrogendosierungen ausreichend, die am besten über die Haut (Östrogen als Pflaster oder Gel) kombiniert mit mikronisierten Progesteron in Tablettenform verabreicht werden.
Die Kernempfehlungen der Fachgesellschaften zur MHT
- Wallungen: MHT ist in jeder Altersgruppe die effektivste Behandlung zur Linderung von Wechseljahrbeschwerden (Hitzewallungen, Nachtschweiss). Insbesondere in den ersten zehn Jahren nach der letzten Menstruation und für Frauen unter 60 Jahren überwiegen die Vorteile die Risiken.
- Osteoporose: Für Frauen unter 60 ist die MHT eine wirksame Prävention der Osteoporose und osteoporosebedingter Frakturen, einschliesslich Hüftfrakturen.
- Herzrisiko: Die MHT kann bei Frauen unter 60 Jahren und in den ersten zehn Jahren nach der Menopause das Herzrisiko verringern.
- Vaginale Trockenheit: Frauen, die lediglich unter vaginaler Trockenheit leiden, wird eine lokale Östrogentherapie in niedriger Dosierung empfohlen.
- Thromboserisiko: Die unter Hormontherapie bekannte Thrombosegefahr und deren Folgen (Lungenembolie, Schlaganfall) sind bei Frauen unter 60 generell niedrig. Bei transdermaler MHT scheint das Risiko geringer zu sein.
- Brustkrebsrisiko: Das erhöhte Brustkrebsrisiko beruht auf der Gestagenkomponente der kombinierten Hormontherapie und ist ausserdem abhängig von der Dauer der Hormoneinnahme. Generell ist aber das Risiko bei Frauen über 50 Jahren gering und sinkt nach Behandlungsende auch wieder ab. Frauen, die bereits an Brustkrebs erkrankten, sollen nach dem heutigen Wissensstand aus Sicherheitsgründen keine MHT erhalten.
Die weltweiten Empfehlungen der Fachgesellschaften wurden unter dem Titel „Globales Konsensus-Statement zur Menopausalen Hormontherapie“ in der Aprilausgabe 2013 von Climacteric, dem offiziellen Journal der Internationalen Menopausegesellschaft, veröffentlicht (Climacteric 2013;16:203–4).
29.07.2014