Kindernotrufnummer 147 ist internationales best-practice-Beispiel
Pro Juventute führt rund 400 persönliche Gespräche pro Tag mit Kindern und Jugendlichen. Achtzig Prozent der Gesprächszeit entfällt auf klassische Beratungen, 20 Prozent auf Testanrufe. Diese haben eine wichtige Präventionsfunktion und sind essentieller Teil einer Kindernotrufnummer.
Pro Jahr führt das Team der Beratung + Hilfe 147 rund 150‘000 persönliche Gespräche (407 persönliche Gespräche pro Tag, Mehrjahresschnitt 2007-2011), mindestens eines davon pro Tag mit einem Bub oder Mädchen mit Suizidgedanken.
Die Zahl der persönlichen Gespräche mit dem Anteil an Beratung und Testanrufen wird in Rapporten ausgewiesen. Ein ausführlicher Leistungsbericht geht jedes Jahr an den Bund. Von den rund 400 persönlichen Kontakten werden 130 als Beratung klassifiziert. Die anderen sind Testanrufe und stille Anrufe von interessierten Kindern und Jugendlichen. Testanrufe und stille Anrufe beanspruchen 20 Prozent der Beratungszeit.
80 Prozent werden für sogenannt klassische Beratungen aufgewendet. Das wurde mit technischen Massnahmen und mit alternativen Beratungs- und Informationsangeboten erreicht. Die Testanrufe sind essentieller Teil einer Kindernotrufnummer. Sie haben eine wichtige Präventionsfunktion: Hinter stillen Anrufen können sich verängstigte Kinder befinden, die sich zuerst nicht getrauen zu sprechen. Dank des Testanrufes weiss das Kind, dass es sich auf die Notrufnummer verlassen kann. Kinder und Jugendliche, die Testanrufe beim 147 machen, kennen die Nummer und wählen sie gemäss aktuellen Erhebungen dann auch in Notsituationen. Gemäss einer entsprechenden Dissertation zum Thema haben mindestens 19 Prozent der Anrufenden, die später eine Beratung erhalten, das 147 vorher getestet.
Mit ihrem Modell zum professionellen Umgang mit Testanrufen leistet Pro Juventute Pionierarbeit: Die Stiftung schult und berät weltweit Child Helplines im Management von Testanrufen. „Dass Laien aus Erwachsenensicht werten wollen, welche persönlichen Gespräche für Kinder ‚effektiv‘ seien und welche nicht, ist wissenschaftlich vollkommen unhaltbar“, sagt Urs Kiener, Kinder- und Jugendpsychologe auf die Behauptungen in der heutigen Sonntagspresse.
Finanzierung über Spenden, Zuwendungen von Institutionen und kantonale Beiträge
Der Gesamtaufwand der Beratung + Hilfe 147 beträgt gemäss Jahresbericht 2,43 Mio. Die Dienstleistung wird mehrheitlich über Spenden und Zuwendungen von Institutionen finanziert. Die Kantone und Gemeinden unterstützen die Dienstleistung mit CHF 500‘000 bis 600‘000 pro Jahr. Der Bund zahlt – gestützt auf Artikel 11 der Bundesverfassung „Schutz der Kinder und Jugendlichen“ - pro Jahr CHF 600‘000 der Total 2,43 Mio. für die Hilfe an 146‘000 Kinder und Jugendliche. Der Beitrag des BSV ist nicht an Gesprächszahlen gebunden[2]. Pro Juventute liefert jährlich Rechenschaft über die Arbeit der Beratung + Hilfe 147 in Form eines Jahresberichtes an das BSV ab. Dort wird auch immer wieder auf die Situation der Testanrufe hingewiesen und über Optimierungsschritte berichtet.
Der Umstand, dass eine nationale Notrufnummer für Kinder zur Hälfte von Spenden ermöglicht wird, ist eine Eigenheit der Schweiz. Pro Juventute unterstützt diese Konstellation, weil es den Anbieter zwingt, sich stetig zu verbessern und entwickeln. Die CHF 600‘000 des BSV sind darum gemäss Stiftung sehr wirkungsvoll investiertes Geld. Jeden Tag wendet sich mindestens ein Mädchen oder Bub mit Suizidgedanken an die Notrufnummer 147. „Wir wollen, dass Kinder die Nummer kennen und wissen wo sie Hilfe erhalten, und damit sie auch als junge Erwachsene die Anlaufstellen kennen, an die wir sie vermittelt haben“, sagt Kiener.
Best-Practice-Beispiel bei Child Helpline International
Bei der internationalen Dachorganisation für Kindernotrufnummern Child Helpline International (CHI) gilt die Beratung + Hilfe 147 als best-practice Beispiel. Pro Juventute nimmt seit 12 Jahren laufend Optimierungen beim 147 vor. Besonders seit 2008 weist die Dienstleistung eine hohe Effektivitätssteigerung auf. Sie führte die SMS- und Chat-Beratung ein und führt ein Self-Service-Angebot auf dem Internet. Mit der Einführung des Interactive Voice Response IVR inklusive Notfalltaste gelingt es, die wichtigen Anrufe zuerst zu behandeln.
Das führt dazu, dass die durschnittliche Gesprächsdauer steigt. So konnten im Vorjahr pro Berater weniger persönliche Gespräche geführt werden. Aufgrund erstmalig ausgeglichener Rechnung dank der Spenden aus der Bevölkerung kann die Stiftung 2012 mehr Ressourcen in die Kindernotrufnummer investieren und die Beraterkapazitäten erhöhen. Bundesrat Burkhalter besuchte 2011 die Netzstelle der Kindernotrufnummer und zeigte sich beeindruckt.
23.04.2012