Multiple Sklerose - Beschwerden
Die MS-Sympome sind abhängig von den betroffenen Hirn- und Rückenmarksarealen und jeder Betroffene erlebt sie anders.
Welche Beschwerden auftreten ist schwer vorauszusagen. Sie reichen von Gang- und Gleichgewichtsstörungen bis hin zu Störungen und Nachlassen der Gedächtnisleistung.
In der folgenden Rubrik wird auf die häufigsten Folgebeschwerden der Multiplen Sklerose-Erkrankung eingegangen.
In der Rubrik Behandlung werden im Kapitel "Die symptomatische Behandlung von Folgebeschwerden" Therapiemöglichkeiten der häufigsten Symptome aufgezeigt.
Inhalt
- Frühsymptome bei Multipler Sklerose
- Fatigue – Chronische oder spontane Müdigkeit
- Sehstörungen
- Symptome bei Befall des Kleinhirns
- Verletzungen im Rückenmark
- Blasen- und Darmstörungen
- Störungen der Sexualfunktion
- Psychische Beeinträchtigungen
- Schmerzen
- Hirnleistungen (Kognition)
- Gedächtnistraining
Frühsymptome der Multiplen Sklerose
Etwa ein Drittel aller MS-Betroffenen klagt zunächst über Sensibilitätsstörungen wie Kribbel- und Taubheitsgefühle (Ameisenlaufen) in den Armen und Beinen. Sehstörungen gehören ebenfalls zu den häufigen Symptomen in der Anfangsphase.
Fast jeder fünfte MS-Betroffene leidet bei Ausbruch der Krankheit unter Gang- und Gleichgewichtsstörungen und 10% berichten über mangelnde Kraft in den Armen und Beinen.
Die medikamentöse Therapie gegen Multiple Sklerose sollte möglichst bei den ersten Symptomen einsetzen. Denn: Je früher die Behandlung angefangen wird, desto besser kann der Verlauf verzögert werden. Siehe auch.
Folgende Beschwerden werden im Weiteren beschrieben:
- Taubheitsgefühl
- Gang- und Gleichgewichtsstörungen
- Fatigue (Müdigkeit)
- Sehstörungen
- Verlust der Muskelkraft
- Koordinationsstörungen
- Sensibilitätsstörungen
- Blasen-, Darmprobleme
- Störungen der Sexualfunktion
- Depression
- Schmerzen
- Störungen der Hirnleistung (Kognition)
Fatigue – Chronische oder spontane Müdigkeit
Ein weiteres typisches Symptom der MS ist die Müdigkeit, auch Fatigue genannt; davon sind etwa zwei Drittel der MS-Patienten betroffen. Dabei unterscheidet man zwischen dauerhafter Müdigkeit und der spontanen Müdigkeit, welche wenige Minuten nach körperlichen Aktivitäten auftritt.
Die dauerhafte Müdigkeit beeinträchtigt das Leben der Patienten schwer, da es diesen verunmöglicht, auch nur die kleinsten und einfachsten Aufgaben zu erfüllen. Bei der spontanen Müdigkeit, die meist ein paar Minuten nach einer kurzen Ruhepause wieder verschwindet, sind häufig vor allem die Beine betroffen. Aber auch Sehstörungen (Flimmern, Zittern) beim Lesen können spontan auftreten und wieder verschwinden.
Die Müdigkeit wird häufig verstärkt durch warmes Wetter, ein warmes Bad, Fieber oder durch andere Ursachen. Die Fatigue schränkt das Leben der Betroffenen massiv ein.
Sehstörungen
Durch MS-Aktivitäten im Gehirn können auffällige Augenbewegungen, Augenzittern (Nystagmus) oder auch Doppelbilder und verschwommenes Sehen auftreten. Weiter kann es zu den typischen Entzündungen des Sehnervs kommen (Optikusneuritis). Diese kann mit Schmerzen im oder hinter dem Auge einhergehen. In der Folge ist das Farbensehen beeinträchtigt, bevor es zum Verlust des Sehens kommen kann, wobei die Blindheit vor allem zu Beginn nur vorübergehend ist und sich nach ein paar Tagen vollständig zurückbildet.
Symptome bei Befall des Kleinhirns
Die Verminderung der Muskelkraft zeigt sich in leichten Ungeschicklichkeiten (Gangstörungen) bis hin zu Lähmungserscheinungen. Den Lähmungen liegt häufig eine Verkrampfung (Spasmus) der Muskulatur zugrunde. Leichte Spastizität wird eher als Steife und Spannungsgefühl in den Beinen wahrgenommen, was sich im hölzernen und ungelenken Gang zeigen kann – von Dritten oft als "betrunkene Gangart" wahrgenommen. Auch die Sprache ist nicht mehr fliessend, sondern abgehackt.
Koordinationsstörungen
Zu Koordinationsstörungen der Muskelbewegungen kommt es, wenn das Kleinhirn betroffen ist. Zeichen sind: Taumelnder, unsicherer Gang (Ataxie), ev. wird eine Gehhilfe notwendig. Wenn die Arme betroffen sind kommt es zu Zittern (Tremor) – insbesondere beim Versuch, kleine Gegenstände aufheben zu wollen.
Verletzungen im Rückenmark
Verletzte Nervenleitungen im Rückenmark können zu Sensibilitätsstörungen in den Extremitäten führen, was sich vor allem in Ameisenlaufen und Schmerzen zeigt; diese Störungen sind häufig erste Frühsymptome der Multiplen Sklerose. Weiter dazu kommen können an verschiedenen Stellen des Körpers Schmerzen und Juckreiz, Brennen, Schwellungen und feuchte Hautstellen.
Taubheitsgefühle: Leichte Berührungen oder feine Nadelstiche sowie kalte oder warme Temperaturen werden nicht mehr gespürt.
Typisch an all diesen Symptomen ist, dass sie einerseits kurz auftreten und wieder gänzlich verschwinden können. Sensibilitätsstörungen werden häufig ausgelöst durch bestimmte Bewegungen oder durch Stimulationen von aussen wie z.B. Wärme. Die Sprache kann ebenfalls betroffen sein, was sich in Stottern zeigt. Auch das sind Frühsymptome, welche mit einer rechtzeitig begonnenen Therapie wieder verschwinden.
Blasen- und Darmstörungen
Häufig ist bei der Multiplen Sklerose-Erkrankung die Funktion der Blase betroffen; der Schliessmuskel der Blase funktioniert nicht mehr richtig. Dies zeigt sich darin, dass der Urin nicht mehr behalten werden kann (sogenannte Inkontinenz). Vielfach führt dies auch dazu, dass die Blase nicht mehr vollständig entleert werden kann.
Darmstörungen zeigen sich in Verstopfung. Meist liegt hier aber nicht eine eigentliche Organstörung vor; die Verstopfung kann auch vom Bewegungsmangel herrühren.
Störungen der Sexualfunktion
Impotenz, verminderte Libido oder Schmerzen während dem Geschlechtsverkehr können entweder durch die MS-Erkrankung direkt ausgelöst sein oder die Beschwerden entstehen durch psychologische Probleme. Wichtig ist, dass diese Probleme frühzeitig mit dem Arzt besprochen werden.
Psychische Beeinträchtigungen
Nebst der Trauer und der Verzweiflung wegen der Erkrankungen können auch Depressionen im Laufe der Krankheit als direkte Folge der MS-Erkrankung auftreten, aufgrund von Entzündungsherden im Zentralnervensystem. Auch hier sollte der Arzt möglichst früh Bescheid wissen, wenn depressive Gefühle oder depressive Episoden auftreten.
Schmerzen
Lange Zeit galt MS als schmerzlose Krankheit. Schmerzen können aber auftreten, wenn das Hirn betroffen ist. Es treten Muskelverkrampfungen, aber auch Schmerzen und starke Missempfindungen (Brennen, Stechen) in Bändern, Gelenken und Sehnen auf. Auch Gesichtsneuralgien können als Folge der MS-Erkrankung auftreten. Krämpfe in den Beinen und Armen sind häufig die Folge einer längeren Immobilität.
Schmerzen sollten immer angesprochen und behandelt werden. Häufig treten sie als direkte Folge der MS auf, sie können aber auch andere Ursachen haben, die es abzuklären gilt.
Wichtig: Alle hier genannten Symptome können bei MS auftreten, sind aber nicht direkte Zeichen für eine MS-Diagnose. Zur Stellung der Diagnose sind mehrere Diagnoseverfahren und Tests notwendig, welche ausschliesslich der Neurologe durchführt. Je schneller die Diagnose gestellt wird, desto besser sind die Aussichten auf einen Behandlungserfolg.
Hirnleistungen (Kognition)
Störungen der Gedächtnisleistung, Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit kommen bei MS häufig vor. Nach längerem Krankheitsverlauf können bei MS-Patienten vermehrt Beeinträchtigungen in der Wahrnehmung und der Informationsverarbeitung auftreten.
Erste Anzeichen sind: Verlangsamung in der Denkweise sowie Informationsverarbeitung und -speicherung. Später kommen Vergesslichkeit, verminderte Konzentrationsfähigkeit oder Störungen in der Aufmerksamkeit dazu. Wichtig dabei ist zunächst, diese Störungen überhaupt zu erkennen.
Einerseits stehen dem Neurologen dafür verschiedene Tests zur Verfügung, wie zum Beispiel Gedächtnistests, Merktests oder Aufmerksamkeitstests. Andererseits gibt es auch Tests, die zu Hause selber durchgeführt werden können. Ein Test, der speziell zur Einschätzung der Hirnleistung entwickelt wurde, ist der BrainMeter. Es handelt sich dabei um einen einfachen Test, mit dem die eigene Hirnleistung eingeschätzt werden kann.
Der Test eignet sich auch für Angehörige oder vertraute Personen, welche eine Fremdeinschätzung abgeben können. Mit Hilfe des Tests sollen Hirnstörungen erkannt und entsprechend behandelt werden können. Auch den Angehörigen oder den Menschen im Umfeld hilft es, wenn sie wissen, dass MS-Betroffene unter Gedächtnisschwächen leiden können. Das fördert das Verständnis für den Betroffenen und nimmt zugleich Druck vom Patienten.
Gedächtnistraining
Mit einfachen Mitteln und Aktivitäten können Sie Ihr Hirn trainieren.
Sich in an neuen Örtlichkeiten aufhalten, neue Websites aufsuchen, Spielen (z.B. Brettspiele), wenn die Gesundheit es zulässt viel Zeit im Freien verbringen, Kreuzworträtsel lösen oder Gedächtnis- und Konzentrationsübungen (so genanntes Hirnjogging) schärfen und verbessern die Aufmerksamkeit.
Andere gute Übungen gibt es mit dem Brain-Trainer im Internet. Damit können Sie zum Beispiel einfach und spielerisch ihre Hirnfunktionen trainieren.
Behandlung von Hirnstörungen
Studien haben belegt, dass bei ca. 40% der MS-Patienten bereits bei MS-Diagnose leichte bis moderate kognitive Störungen vorliegen.
Andere Studien haben gezeigt, dass eine frühzeitig eingesetzte Beta-Interferon-Therapie sich positiv auf die ersten Symptome wie Gefühlsstörungen, Muskelschwäche, Sehstörungen, Koordinationsstörungen, Müdigkeit, kognitiven Beeinträchtigungen auswirken (siehe auch Experteninterview zur Frühtherapie). Demnach reduziert ein früher Therapiebeginn mit Beta-Interferonen das Fortschreiten der MS-Erkrankung und die Entwicklung bleibender Schäden deutlich. Denn: In der Frühphase ist die MS-Behandlung am wirksamsten.