Die Pneumokokken-Impfung im Visier
Eine Analyse verschiedener Studien ergab, dass die Wirkung der Impfung gegen Pneumokokken – die unter anderem Lungenentzündungen hervorrufen können – bei älteren und chronisch kranken Menschen nicht viel bringt.
Pneumokokken sind Bakterien, die verschiedene Krankheiten verursachen können: Mittelohrentzündungen, lebensgefährliche Lungenentzündungen sowie Hirnhautentzündungen oder Blutvergiftungen. Empfohlen wird sie älteren Menschen ab 65 Jahren und Personen mit chronischen Krankheiten. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfiehlt die Pneumokokken-Impfung auch Kindern.
Pneumokokken-Konjugat-Impfung für Kinder erfolgreich
Es gibt zwei Impfstoffe gegen Pneumokokken: der ältere PPV23 schützt gegen 23 Typen, welche für die meisten Pneumokokkenerkrankungen verantwortlich sind.
Der neuere Pneumokokken-Konjugat-Impfstoff, der gegen 7 Typen des Bakteriums wirkt, wird Kindern in den ersten Lebensmonaten, bei denen PPV keine Immunität erzeugte, verabreicht. Die Schutzwirkung des Pneumokokken-Konjugat-Impfstoffes ist allgemein anerkannt; dem PPV23 gegenüber bestehen Zweifel. Der Grund: Mangelnde Qualität vieler Studien.
Keine Senkung des Pneumokokken-Erkrankungsrisiko bei Erwachsenen
Der Berner Sozialmediziner Matthias Egger analysierte 22 Studien mit insgesamt 101'507 Teilnehmern. Der PPV23 wurde in 8 Studien verwendet. Insgesamt stellte er eine Minderung des Erkrankungsrisikos durch Pneumokokken um nur ca. 10 Prozent fest.
Forscher aus Darwin/Australien haben überhaupt keine Senkung der Fälle von Lungenentzündungen und Todesfällen nachweisen können; auch nicht bei Personen mit chronischen Erkrankungen, bei welchen die PPV23 am meisten nützen könnte.
Positive Wirkung der PPV23 attestierte die Cochrane Collaboration: Danach senkte die Impfung Pneumokokken-Erkrankungen um 74%.
Warum diese Unterschiede? Der Berner Forscher Egger liess zwei Analysen (eine von 1947 aus New York und eine von 1977 aus Papua Neuginea) aus Mangel der Studienmethodik aus. Cochrane hatte die beiden miteinbezogen. In den qualitativ optimal durchgeführten Studien konnte Egger nur eine geringe Schutzwirkung bei älteren und chronisch Kranken feststellen.
Empfehlungen der WHO und des BAG
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), das Bundesamt für Gesundheit (BAG) sowie die Eidgenössische Kommission für Impfragen empfehlen zur Zeit immer noch die PPV23 den Risikopersonen (über 64-Jährigen sowie chronisch Kranken) sowie die Pneumokokken-Konjugat-Impfung für die Kinder. Sie sehen im moment keinen Grund zur Veränderung der Impfempfehlungen, zumal verschiedene Studien aus methodischen Mängeln aus den Analysen ausgeschlossen werden mussten. Neue Pneumokokkenimpfstoffe dürften laut BAG aber schon bald verfügbar werden und werden neue Studien gestartet werden können. Die PPV23 wird bei über 64-Jährigen von der Grundversicherung übernommen.
12.01.2009