Empfehlungen zum Vorgehen bei Schlafstörungen
Die Behandlung von Schlafstörungen gehört zu den grossen täglichen Herausforderungen des Allgemeinpraktikers. Die British Association for Psychopharmacology hat Guidelines für die Diagnose und Therapie bei Schlaflosigkeit und anderen Schlafstörungen erarbeitet.
Empfehlungen zur Diagnose
- Die Diagnose soll aufgrund der geschilderten Beschwerden des Patienten gestellt werden; idealerweise führt der Betroffene dazu ein Schlaftagebuch.
Abklärungen in einem Schlafzentrum/Schlaflabor werden notwendig bei: Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus bei normalen Lebensbedingungen (also ohne Schichtarbeit), Störungen beim Schlaf (Schlafwandeln, chronischen Albträumen, Schreien oder chronischem Zähneknirschen), bei anderen Schlafstörungen (Einschlaf-, Durchschlafstörungen, vorzeitigem Erwachen etc.) sowie bei nicht therapierbaren Schlafstörungen.
Empfehlungen zur Therapie
Schlaflosigkeit sollte behandelt werden, da sie einerseits die Lebensqualität und das tägliche Funktionieren stark einschränkt und andererseits das Risiko für Depressionen, Angststörungen und mit grosser Wahrscheinlichkeit auch für Herzerkrankungen erhöht. Das Behandlungsziel: Entstressung sowie Verbesserung der Funktion im täglichen Leben.
- Verhaltenstherapie hat sich bei chronischer Schlaflosigkeit bewährt. Eine solche kann die Beschränkung der Schlafdauer (Schlafrestriktion) sowie die Konfrontation mit auslösenden Situationen – d.h. Situationen, welche Schlaflosigkeit nach sich ziehen - beinhalten.
- Bei der Wahl eines medikamentösen Schlafmittels sind die Effektivität, die Verträglichkeit, die Wirkungsdauer, frühere Erfahrungen des Patienten und ein allfälliges Suchtverhalten zu berücksichtigen.
- Das Absetzen der Schlafmittel soll allmählich erfolgen; Absetzversuche sollten mindestens alle 3-6 Monate, den Umständen des Betroffenen entsprechend, erfolgen. Während des langsamen Absetzens sowie der Dosisverringerung kann die Verhaltenstherapie unterstützend wirken.
- Wenn gleichzeitig eine Stimmungsstörung (z.B. Depression) vorliegt, können Antidepressiva angewendet werden. Wichtig: Hier besteht bei einzelnen Stoffgruppen relativ schnell eine Überdosierungsgefahr.
- Wegen den häufigen Nebenwirkungen werden Neuroleptika (Nervendämpfungsmittel) bei Schlafstörungen erst in zweiter Linie angewendet. Auch spielen Antihistaminika (antiallergische Wirkstoffe) bei der Behandlung von Schlafstörungen eher eine Nebenrolle.
Empfehlungen für spezifische Patientengruppen
- Frauen nach den Wechseljahren leiden häufig unter Schlaflosigkeit. Zur Entscheidung für eine Hormontherapie müssen Nutzen und Risiken mit der Patientin zusammen besprochen werden.
- Kinder mit Schlafstörungen sprechen gut auf Verhaltenstherapie an. Bei Kindern mit einem ADHS, welche keine stimulierenden Medikamente erhalten, kann Melatonin die Schlafstörungen mildern. Melatonin ist ein Schlafhormon, welches die Zirbeldrüse natürlicherweise selber bildet und den Tag-Nacht-Rhythmus steuert.
- Kinder und Erwachsene mit einer Lernstörung: Bei ihnen sollen zunächst die Art der Schlafstörung sowie auslösende und verschlimmernde Faktoren genau ermittelt werden. Oft helfen hier Umgebungs-, Verhaltens- sowie Erziehungsmassnahmen. Melatonin kann den Schlaf effektiv verbessern.
- Bei Personen mit Schlafrhythmusstörungen muss unterschieden werden zwischen verzögerten Schlafphasen sowie Schlafen ohne irgend einem erkennbaren Rhythmus. Bei solchen Störungen oder bei Jetlag kann ebenfalls Melatonin eingesetzt werden. Auch Verhaltenstherapie sowie zeitstrukturierte Lichtexpositionen können hilfreich sein.
13.09.2010