Erektionsstörungen: Gründliche Untersuchung vermeidet Chronifizierung
Sexualmythen und die von sich geforderte Leistungsfähigkeit kann besonders junge Männer, die unter Erektionsstörungen (erektile Dysfunktion) leiden, in ihrem Selbstbewusstsein schwer erschüttern. Artikel aus ArsMedici.
Sexuelle Funktionsstörungen sind kein Randphänomen, sondern können weitreichende Auswirkungen auf die Lebensqualität Betroffener und deren Partnerinnen haben.
Der nachfolgende Bericht wurde für Ärzte geschrieben und erschien im medizinischen Fachblatt ArsMedici. Wir haben die wichtigsten Merksätze und relevanten Erkenntnisse zur Diagnosestellung aus der Ärztefortbildung zusammengefasst.
Am Schluss des Artikels finden Sie den Originalartikel- inklusive einem Fallbeispiel von einem 22-jährigen Studenten mit Erektionsstörungen - zum Downloaden.
Relevante psycho-soziale Auswirkungen einer gestörten Erektionsfähigkeit (medizinisch Erektile Dysfunktion):
Psychische Auswirkungen | Soziale Auswirkungen |
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Symptome dürfen nicht isoliert betrachtet werden
- Sexuelle Störungen sind nicht als Störungen innerhalb eines Individuums, sondern innerhalb einer Beziehung aufzufassen. Deshalb ist es wichtig, den Partner/die Partnerin in die Unterredungen und Untersuchungen miteinzubeziehen.
- Der Erkenntnisgewinn über Psychologie, Soziologie, Physiologie und Pathophysiologie der Erektion konnte in den letzten Jahrzehnten deutlich erweitert werden. Heute ist es unumstritten, dass es sich bei einer Erektionsstörung um einen komplexen Vorgang handelt, bei dem organische und psychosoziale Faktoren eng ineinander greifen.
- Negative Selbstverstärkungsmechanismens führen zu Chronifizierung und erhöhen den Leidensdruck.
Ursachen und Erkrankungen die für eine gestörte Erektion verantwortlich sein können
Nur eine gründliche Diagnostik, mit Ausschluss anderer Erkrankungen und gesundheitlichen Störungen, verhelfen zu einer individuellen Therapie. Deshalb: Tabus sind weder beim Arzt noch beim Patienten angebracht.
- Urologie*: Nach Prostataoperation bei Prostatakrebs, nach Operationen an der Blaste, Erkrankungen des Penis, Penisbruch, selbsthergeführte (autoerotische) oder unfallbedingte Verletzungen. * Medizinisches Gebiet, das die harnbildenden-, harnableitenden - und die Geschlechts-Organe beim Mann betrifft
- Chirurgie: Analkrebs, Patient mit künstlichem Darmausgang, Beckenverletzungen
- Chronisches Schmerzsyndrom bei Erkrankungen des Bewegungsapparates
- Neurochirurgie/Neurologie: Queschnitsslähmungen, Schädel-Hirn-Verletzungen, Hirntumor, Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, Schlaganfall, Epilepsie, Lähmungen der Nervenwurzeln im Wirbelkanal, Nervenerkrankungen
- Psychiatrie: Depressionen, Angsterkrankungen, Persönlichkeitsstörungen, Schizophrenie, Alkoholkrankheit, Drogenmissbrauch
- Innere Medizin: Herz-Kreislauferkrankungen, Artheriosklerose, Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
- Hauterkrankungen: Psoriasis
- Medikamente: Herzgefäss-Medikamente, Psychopharmaka und Medikamente für den Stoffwechsel
Versagensangst durch Sexualmythen
Den Nährboden für Erwartungsängste und Leistungsdruck bilden sogenannte Sexualmythen. Bernie Zilbergeld beschreibt das Fantasiemodell vom Sex mit den Worten: ''Er ist einen halben Meter lang, hart wie Stahl, allzeit bereit und haut dich aus den Socken''.
Weitere Sexualmythen nach Zilbergeld
- Ein wirklicher Mann mag keinen ''Weiberkram'' wie Gefühle und dauernd reden.
- Jede Berührung ist sexuell oder sollte zu Sex führen.
- Männer können und wollen jederzeit.
- Beim Sex zeigt ein wirklicher Mann, was er kann.
- Beim Sex geht es um einen steifen Penis und was mit ihm gemacht wird.
- Sex ist gleich Geschlechtsverkehr.
- Ein Mann muss seine Partnerin ein Erdbeben erleben lassen.
- Zum guten Sex gehört ein Orgasmus.
- Beim Sex sollten Männer nicht auf Frauen hören.
- Guter Sex ist spontan, da gibt es nichts zu planen oder zu reden.
- Echte Männer haben keine sexuellen Probleme.
Bernie Zilbergeld, Psychotherapuet und Autor (USA), er hat diverse Bücher zum Thema ''Mann und Sexualität'' verfasst.
Beobachtungen und Fragen im Erstkontakt von Arzt/Patient
Sexualität sollte auf den Ebenen der sexuellen Fantasien, des
konkreten sexuellen Verhaltens und des sexuellen Selbstkonzeptes
behandelt werden. Dabei spielt der Partner/die Partnerin eine grosse Rolle, auch wenn sie nicht real sondern nur in der Fantasie anwesend ist.
- Wie lange besteht das Problem?
- Unter welchen Umständen trat es das erste Mal auf, und wie haben Sie das erlebt? Haben Sie das Gefühl, sich seitdem mehr zu beobachten? Sind Sie unsicherer geworden?
- Wann und unter welchen Umständen beobachten Sie den Verlust der Penissteife (''immer'', heisst das auch bei Selbstbefriedigung, beim Petting, morgendliche, nächtliche
Erektionen, beim Koitus)? - Was bedeutet das für Sie und Ihre Partnerin/Partner?
- Wie ist es mit Ihrer Lust aufeinander?
- Wie empfinden Sie Ihr Orgasmuserleben, und haben Sie das Gefühl, den Orgasmus kontrollieren zu können?
Haben Sie eine eigene Erklärung (Hypothese) für den Verlust der Penissteife? - Bestehen in Ihrem Alltag besondere Belastungen? Haben Sie aufgrund der Störung bereits Hilfe in Anspruch genommen und wenn ja, welche Behandlungsversuche
gab es? - Wie wirkt sich die Störung auf Ihre sexuelle Zufriedenheit aus, und haben Sie mit Ihrer Partnerin darüber gesprochen? Ist die allgemeine Zufriedenheit in Mitleidenschaft gezogen?
Die Fragen sind nicht vollständig und ersetzen in keinem Fall eine Arztkonsultation. Sie können aber richtungsweisend oder als Vorbereitung für ein Arztgespräch gelten.
- Die Behandlung von Erektionsstörungen, Erektile Dysfunktion (ED)
Bei der Erektilen Dysfunktion (ED) handelt es sich um die Erektionsstörung, die als Vorwarnung oder als Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen angesehen und behandelt werden muss. Am AUA Kongress 2005 wurde darüber und über aktuelle medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten referiert.
mehr >> - Krankheitsbild Erektionsprobleme, Erektile Dysfunktion (ED), Impotenz
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19.12.2006