Insektengift-Allergien können behandelt werden
In Europa gibt es 150 Todesfälle pro Jahr nach Insektenstichen. Dennoch werden Insektengift-Allergien immer noch zu selten behandelt. Diese Ansicht vertreten Mediziner am Europäischen Allergie- und Immunologie-Kongress in Wien.
Eine Insektengift-Allergie kann tödlich verlaufen. Trotz der nachweislich guten Verträglichkeit und den guten Erfolgsaussichten der Immuntherapie (SIT) wird diese immer noch zu selten angewendet, bemängeln die Experten am Kongress.
Sie vermuten, dass die Patienten immer noch zu wenig über die Möglichkeit und die positive Wirkung einer SIT aufgeklärt sind.
Eine Allergie auf Insektengifte ist eine überschiessende Reaktion des Immunystems auf Gifte z.B. von einer Wespe oder Biene. Allergiker können in der Folge mit starken Reaktionen, einem anaphylaktischen Schock reagieren.
Zeichen einer solchen Anaphylaxie sind:
- Plötzliches Auftreten (innerhalb weniger Minuten oder Stunden) nach Stich
- Rapider Blutdruckabfall
- Stark erhöhte Herzfrequenz
- Der Kreislauf bricht zusammen, der Patient wird bewusstlos. Das ist ein Notfall.
Die Mediziner schätzen, dass bei ca. einem Viertel der europäischen Bevölkerung mittels der Bestimmung spezifischer Antikörper oder eines Hauttestes eine Insektengift-Allergie nachgewiesen werden kann. Bei ca. einem bis fünf Prozent der Betroffenen kann es nach einem Stich zu lebensgefährlichen Reaktionen, zu einem anaphylaktischen Schock, kommen.
Behandlungsmöglichkeiten: Europaweit unterschiedlich gehandhabt
Leider werde aber die erfolgsbelegte spezifische Immuntherapie (SIT) noch immer nur an jedem 5. Patienten durchgeführt, sind sich die Mediziner einig.
SIT ist eine Allergieschutzimpfung, bei der winzige Mengen des krankmachenden Allergens gespritzt werden. Die Dosis wird mit der Zeit gesteigert. Damit wird das Immunsystem angeregt, eine höhere Allergie-Toleranz zu entwickeln.
Franziska Ruëff, Expertin für Insektengift-Allergien an der dermatologischen
Klinik der Ludwig Maximilians-Universität in München, berichtete aus einer Beobachtungsstudie, in welcher unterschiedliche Diagnose- und Behandlungsgewohnheiten einzelner europäischer Länder beleget wurden. Die Studie ergab sowohl regionale Unterschiede in der Verteilung von Wespen- und Bienengift-Allergien als auch Unterschiede in der Verträglichkeit der verwendeten Allergen-Präparate.
Laut Rüeff sind in Deutschland Wespengift-Allergien häufig; in Österreich und in der Schweiz überwiegen allergische Reaktionen durch Bienenstiche.
Präparate zur SIT gegen eine Bienengift-Allergie sind weniger gut verträglich und weniger wirksam als die Präparate gegen die Wespengift-Allergie, zitiert Rüeff aus der Studie.
Auch hier gebe es regional unterschiedliche Bewertungen zur Wirksamkeit der Präparate und zur Verträglichkeit der SIT. Auch werden die Behandlungsverfahren regional sehr unterschiedlich gehandhabt. Rüeff vermutet darin den Grund für die grössere Zurückhaltung bei der SIT-Anwendung in manchen Ländern wie z.B. der Schweiz, Österreich oder Süddeutschland.
Rüeff wunderte sich auch über das Ergebnis der ausgesprochen schlechten Therapiebereitschaft von Risikopatienten. Nur gerade 80% der Betroffenen seien im Rahmen der Studie bereit gewesen, eine für sie evtl. lebensrettende Therapie durchzuführen.
Rüeff fordert deshalb eine bessere und umfangreichere Aufklärung zu den Gefahren von schweren allergischen Reaktionen und deren Behandlungsmöglichkeiten. Diesen Appell richtet Rüeff vor allem an Hausärzte, denen solche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Studie
Biló BM, Ruëff F, et al. Diagnosis of Hymenoptera venom allergy. Allergy 2005: 60: 1339-1349
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15.06.2006