Baunscheidtieren
Der deutsche Tüftler und Erfinder Carl Baunscheidt (1809 - 1873) entwickelte in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein Gerät und dazu ein neues Heilverfahren, mit dessen Hilfe es zu einer starken Verbesserung der Durchblutung und zur Ausscheidung von Giftstoffen über die Haut kommt. Die von ihm entwickelte Technik wird auch als "Akupunktur des Westens" bezeichnet.
Sie funktioniert nach dem Prinzip des Ab- und Ausleitens von Krankheitsstoffen. Das von Baunscheidt entwickelte Gerät wurde anfänglich Dermatobioticon genannt, bis etwa 1888 mit dem Namen "Mücke" belegt, so hiess auch eine Fachzeitschrift für das Baunscheidtieren, und war wegen seiner guten Erfolge im Volksmund jener Jahre bald als "Lebenswecker" bekannt.
Das Verfahren selbst ist recht einfach:
Mit Hilfe des Baunscheidtiergerätes, das über einen tiefeneinstellbaren Nagelkopf verfügt, wird die Hautoberfläche schmerzlos leicht angeritzt (gestichelt). Danach werden diese gestichelten Hautpartien mit Spezialöl eingerieben. Das Öl fördert die Durchblutung und leitet das Ausscheidungsverfahren ein, das sich dann wenig später in Form von kleinen, eitrigen Pickeln auf der Haut bemerkbar macht.
Diese Pickel sind gewollt und verschwinden nach rund zwei Wochen meist von ganz alleine. Kleine dunkle Hautstellen, die manchmal noch zurückbleiben, verschwinden ebenfalls wieder. Nur wenn zu tief gestichelt wird, kann es zu kleinsten Narben kommen, doch dies geschieht bei einem Fachmann im Regelfall nicht. Während sich die Pickel bilden, lassen meist die Beschwerden, in unserem Fall die Hämorrhoidenschmerzen, rasch nach.
Die gestichelten Hautstellen fühlen sich für einige Tage warm an, verursachen selbst aber keine neuen Beschwerden. Hautempfindliche Menschen müssen sich allerdings ein wenig zusammenreissen, um einem leichten Juckreiz nicht nachzugeben und so die Pickel unnötig aufzukratzen.
Neben dem bereits erwähnten Baunscheidtiergerät mit einem Nadelkopf gibt es auch ein solches mit einer Nadelrolle, es wird als Vitralisator bezeichnet. Hierbei kann man die Eindringtiefe der Nadeln durch den Druck regulieren, mit dem man das Gerät über die Haut führt. Es darf aber beim Einsatz beider Geräte kein Blut aus der Haut treten, denn dann ist die Eindringtiefe für eine wirksame Heilung zu tief und es kann zu entzündlichen Hautstellen kommen. Wer das Baunscheidtieren einmal ausprobieren möchte, sollte sich unbedingt an einen geübten Fachmann wenden.
06.05.2004