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Die Bluterkrankheit (Hämophilie) ist eine Erbkrankheit
Die Bluterkrankheit (Hämophilie) ist eine Erbkrankheit

Die Hämophilie - wegen dem Hauptsymptom in der Umgangssprache Bluterkrankheit genannt - ist eine lebenslange, auf dem Geschlechtschromosom vererbte, rezessive Krankheit. Das Hauptsymptom ist  eine gestörte Blutgerinnung. Je nach dem, welcher Gerinnungsfaktor betroffen ist, unterscheidet man zwischen verschiedenen Formen.

Aufgrund der geschlechtsgebundenen, rezessiven Vererbung sind nur Knaben betroffen. Frauen übertragen die Krankheit, werden selber jedoch nicht krank. Die Häufigkeit der Hämophilie beträgt ca. 15-20 pro 10'000 neugeborene Jungs. Das Leiden ist nicht ansteckend.

Normalerweise wird bei der Blutgerinnung nach einer Verletzung ein Gerinnungsfaktor nach dem andern kaskadenartig aktiviert. Damit werden Lecks in den Gefässen, die durch Verletzungen entstanden sind, durch einen Pfropf verstopft.

Bei Blutern ist die Funktion eines Gerinnungsfaktors gestört, meist des Faktors VIII oder IX (Hämophilie A oder B). Je nach Ausmass der Funktionsstörung spricht man von einer leichten oder schweren Hämophilie.

Die Folge der Gerinnungsstörung ist das Auftreten unstillbarer Blutungen, da der Gerinnungsablauf unterbunden wird und Gefässschäden nicht wirkungsvoll und rechtzeitig abgedichtet werden können. Wenn nicht rechtzeitig behandelt wird, können bereits kleinere Verletzungen zu einem grossen Blutverlust führen.

Bluterkrankheit: Bereits kleine Verletzungen bluten stark
Bluterkrankheit: Bereits kleine Verletzungen bluten stark
Je nach Ausprägung, respektive Restfunktion der Aktivität des betroffenen Gerinnungsfaktors, sind die folgenden Symptome mehr oder weniger stark:
  • Starke, anhaltende Blutungen, bereits bei kleineren Verletzungen.
  • Evtl. sogar Spontanblutungen, ohne erkennbare Ursache
  • Blutungen in Gelenke (z.B. geschwollenes Knie), Muskeln, Harnwege (Blut im Urin), Verdauungstrakt (Blutstuhl, Teerstuhl), Schleimhäute.
  • Bei starken Blutungen akute Blutarmut (Anämie)
  • Bei immer wieder auftretenden Blutungen evtl. Ausbildung einer chronischen Eisenmangelanämie
  • Unklare Bauchschmerzen oder Brustschmerzen - auch kleine Unfällen - müssen unverzüglich abgeklärt werden (Gefahr der inneren Blutung)
Bluterkrankheit: Funktionsmessung der Blutgerinnung
Bluterkrankheit: Funktionsmessung der Blutgerinnung

Zur Diagnose der Bluterkrankheit werden verschiedene Untersuchungen und Abklärungen durchgeführt. Dazu gehören unter anderem:

  • Erhebung der Krankengeschichte, insbesondere auch Erkundigung über Fälle einer Bluterkrankheit in der Familie.
  • Genaue Inspektion der Haut, der Schleimhäute und der Gelenke nach Blutungsanzeichen.
  • Untersuchung des Blutes und Funktionsmessungen der Blutgerinnung (Funktion der Blutplättchen ist normal, die Gerinnungszeit im Blutplasma stark verlängert).
  • Genetische Untersuchungen
  • Bei Verdacht auf Verletzungen im Innern des Körpers entsprechende rasche Abklärung durch bildgebende Verfahren (Ultraschall, Computertomographie)
Bluterkrankheit : Ergänzung fehlender Gerinnungsfaktoren
Bluterkrankheit : Ergänzung fehlender Gerinnungsfaktoren

Medikamentös

Gerinnungsfaktor:

  • Bluter müssen regelmässig (meist mehrmals pro Woche) mit dem fehlenden Gerinnungsfaktor behandelt werden; d.h., das in seiner Funktion gestörte Glied in der Gerinnungskette wird ersetzt, um eine ausreichende Gerinnung zu erzielen.
  • Es gibt Ersatzprodukte von Spendern und gentechnisch hergestellte Präparate. Der Vorteil dieser neuen Substanzen ist die sichere Vermeidung von Ansteckungen durch den Spender bei menschlichen Präparaten (obwohl durch moderne Verfahren die Gefahr heute als gebannt gilt). Die Injektion der Gerinnungsfaktoren kann vom Betroffenen erlernt und zu Hause durchgeführt werden.

Behandlung kleinerer und grösserer Verletzungen

  • Kleinere Verletzungen (Schnitt am Finger, Schürfung, Nasenbluten) können grundsätzlich gleich wie bei Gesunden behandelt werden; manchmal sind aber für längere Zeit Druckverbände notwendig.
  • Prellungen brauchen nur dann eine Behandlung, wenn die Beschwerden ausgeprägt oder zunehmend sind.
  • Muskel und Gelenkblutungen müssen sofort behandelt werden, da sonst Funktionseinbussen drohen.
  • Bei blutigem Urin oder Blut im Stuhl sofortige Kontaktaufnahme mit dem Arzt.
  • Bei Stürzen auf den Kopf ist an eine Hirnblutung zu denken. Eine solche kommt zwar relativ selten vor, ist aber ein absoluter, lebensbedrohlicher Notfall. Sofort muss die höchste Dosis Gerinnungsfaktor verabreicht werden.
  • Notfallmässige Behandlungen sind auch bei Verletzungen von Hals, Zunge oder Gesicht angezeigt, da eine Verlegung der Atemwege droht.
  • Die sofortige Verabreichung von Gerinnungsfaktoren im Zweifelsfall ist eigentlich nie falsch!
Die wiederholte Einblutung in Gelenke kann zur Entzündung und damit zur Destruktion des Gelenks führen. Früher führte dies oft zur Invalidität.
Bluterkrankheit: Muskelkräftigung vermindert das Blutungsrisiko
Bluterkrankheit: Muskelkräftigung vermindert das Blutungsrisiko

Vorbeugemassnahmen um Blutungen möglichst zu Vermeiden

  • Kräftige Muskeln und geschickte Bewegungsabläufe durch gezielte Schulung (Physiotherapie) können das Blutungsrisiko vermindern.
  • Verzicht auf besonders gefährliche Sport- und Freizeitgestaltung.
  • Keine Injektionen in den Muskel!
  • Keine Einnahme von Medikamenten, welche die Blutgerinnung beeinträchtigen (z.B. Aspirin® und die meisten Schmerz- und Fiebermittel).
  • Gemäss Schweizerischer Hämophilie-Gesellschaft  können Paracetamolpräparate gegen Schmerzen unbedenklich eingenommen werden.

Wichtig: Bluter-Pass
Jeder Bluter muss einen Bluter-Pass bei sich tragen, damit im Notfall rasch gehandelt werden kann!

Dr. med. Gerhard Emrich

Gerhard Emrich hat in Wien Medizin studiert. Er ist Medizinjournalist mit langjähriger Erfahrung in medical writing.

Dr. med. Daniel Desalmand

Daniel Desalmand hatte in Bern Medizin studiert. Nach dem Studium hatte er mehrjährige klinische Erfahrung in Chirurgie und Innerer Medizin erworben bevor er sich dem Wissenschaftsjournalismus zugewandt hatte.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
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