Multivitaminpräparate: Keine Daten über Wirkung und Sicherheit
Multivitaminpräparate werden oft unkritisch eingenommen. Laut einer amerikanischen Expertengruppe gibt es aber zu wenig wissenschaftlich fundierte Daten über deren vorbeugende Wirkung und Sicherheit.
An wissenschaftlichen Publikationen zu Vitaminen bestehe kein Mangel, so Experten vom Institute of Medicine (IOM) in Washington.
Sie fanden bei einer Recherche in verschiedenen medizinischen Datenbanken (Medline, Embase, Cochrane-Coolaboration) über 11'000 Einträge zu einzelnen Vitaminen und Mineralstoffen.
Darunter waren aber lediglich 63 Artikel, in denen die vorbeugende Wirkung und die Sicherheit der Präparate wissenschaftlich angemessen untersucht wurden. Die Forscher vermissten vor allem Studien zu hochdosierten Multivitamin-Präparaten, die laut IOM, von jedem zweiten Erwachsenen in Amerika eingenommen werden.
Vitamin- und Mineralpräparate müssen vor Markteinführung auf deren Sicherheit und deren vorbeugende Wirksamkeit durch entsprechende Studien und staatlich geprüft werden, fordern die Experten. Ob dies allerdings durchgesetzt werden könne, daran zweifeln die IOM-Experten selber.
Zumindest der Einsatz von solchen Vitaminen und Mineralstoffen müsse aber geregelt werden. Es gehe nicht an, dass solche Mischpräparate weiterhin unkritisch und über längere Zeit eingenommen werden können, so die Experten.
Bewiesene Wirkung von Präparaten, einige Beispiele
Eine nachgewiesene Wirkung gibt es laut den Forschern nur in wenigen Bereichen. Eine Studie der Womens’ Health Initiative z.B. untersuchte die Wirkung von Kombipräparaten mit Kalzium und Vitamin D bei Frauen in den Wechseljahren. Resultat: Bei den Frauen konnte eine deutliche Zunahme der Knochendichte und weniger Knochenbrüche der Hüfte festgestellt werden.
Zinkpräparate und Antioxidantien werden von den Experten nichtrauchenden Erwachsenen mit Vorstufen einer altersbedingten Makuladegeneration* (AMD) empfohlen. Zink könne zwar den Verlauf bremsen, aber eine AMD nicht verhindern, so die Experten. * Eine Makuladegeneration ist ein altersbedingtes Augenleiden, bei dem die Netzhaut zerstört wird, was zu einer Erblindung führen kann.
Ein weiteres Beispiel sind Empfehlungen der US-Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Nach denen sollten Frauen im gebärfähigem Alter täglich Folsäure-Präparate einnehmen. Folsäure kann bei einer Schwangerschaft vor Missbildungen beim Kind - wie z.B. einer Spina bifida, ''offener Rücken'' - schützen.
Zur Einnahme von Beta-Caroten als Schutz vor Krankheiten fanden die Experten keine Belege. Im Gegenteil: Bei Rauchern gebe es Hinweise auf eine schädliche Wirkung.
Die Expertengruppe befürchtet, dass viele Amerikaner durch die unkritische Einnahme von Vitamin- und Mineralstoffpräparaten die empfohlenen Grenzwerte überschreiten. Über dadurch entstandene mögliche gesundheitliche Schäden gibt es allerdings keine Untersuchungen.
Die Befürchtungen und Forderungen gelten bestimmt auch für Europa. /Anmerk. der Redaktion.
22.05.2006