Neurodermitis (Atopische Dermatitis, Ekzem)
Viele Namen, eine Krankheit: atopische Dermatitis, Atopisches Ekzem, Endogenes Ekzem, Neurodermitis atopica.
Bei der Neurodermitis handelt es sich um eine schubweise auftretende, chronische Entzündungsreaktion der Haut. Sie ist die häufigste Hauterkrankung überhaupt.
Zusammen mit Asthma und Heuschnupfen gehört die Neurodermitis zu den sogenannt atopischen Ekrankungen. Die Bezeichnung "Atopie" beschreibt eine anlagebedingte Bereitschaft auf äussere, normalerweise "harmlose" Substanzen (Allergene) überempfindlich zu reagieren. Zu solchen äusseren Substanzen gehören beispielsweise Nahrungsmittelbestandteile, Pollen, Hausstaub, Tierhaare etc. Zu den atopischen Erkrankungen zählen weiters das allergisches Asthma oder Heuschnupfen. Oft kommen solche atopischen Erkrankungen auch gleichzeitig vor.
Meistens zeigt sich die Neurodermitis bereits im Säuglingsalter und die Fälle haben in den letzten 40 Jahren, trotz verbesserter Hygiene und besseren Lebensmitteln, stark zugenommen. Stadtkinder aus sozial gehobeneren Schichten scheinen dabei häufiger betroffen zu sein.
Nebst Umwelteinflüssen scheint die genetische Veranlagung eine grosse Rolle zu spielen. Eltern mit Neurodermitis geben die Krankheit oft an ihre Kinder weiter.
Als Auslöser gelten:
- Umwelteinflüsse
- Allergene wie Nahrungsmittel, Pollen, Hausstaub, Tierhaare, Wolle etc.
- Stress (bereits Säuglinge können unter Stress leiden)
- Infektionen oder klimatische Bedingungen
Die Haut ist extrem trocken und juckt höllisch, vor allem in der Nacht. Oft kommt es zu regelrechten Juckattacken. Neurodermitiker leiden unter trockener, empfindlicher Haut, die zu wiederkehrenden Ekzemen mit geröteten, schuppenden und teilweise auch nässenden Hautstellen neigt. Diese Beschwerden sind unterschiedlich stark ausgeprägt und treten meist schubweise auf. Vor allem der Juckreiz kann sehr quälend sein. Durch Kratzen wird die Haut oft noch stärker entzündet, so oft ein hartnäckiger Teufelskreis entsteht. Je nach Alter kann das Erscheinungsbild der Neurodermitis variieren:
Babyalter: Häufig beginnt die Krankheit mit dem sogenannten Milchschorf. Der Name hat nichts mit dem Nahrungsmittel Milch zu tun, nur mit dem Aussehen von verbrannter Milch: es bilden sich gelb-weissliche Krusten mit nässenden Ekzemen. Diese können sich ausbreiten und grossflächig werden. Meist sind Arme (meist im Bereich der Handgelenke) und Beine und das Gesicht (Wangen, Kinn, seitlich am Nacken) betroffen. Häufig kommt es dabei zu Infektionen mit Viren, Bakterien oder Pilzen.
Kinder- und Jugendalter: Die betroffene Haut ist häufig gerötet,verdickt und meist sind die Armbeugen, Ellbogen, Kniekehlen (Beugeekzem), Hände oder der Hals-Nackenbereich betroffen.
Erwachsene: Beim Erwachsenen ist oft der Juckreiz das schlimmste Problem und kann das Leben extrem beeinträchtigen. Die Haut ist meist sehr trocken, fleckig, gerötet und verdickt. Hautbakterien führen leicht zu Infektionen des Ekzems.
Neurodermitis-Patienten haben oft dunkle Augenränder, eine doppelte Falte am Augenunterlid, Furchen unter den Augen, Risse an den Ohrläppchen und ein Juckreiz beim Schwitzen oder durch direkten Hautkontakt mit Wolle.
Meist kann die Diagnose der Neurodermitis bereits aufgrund der typischen Hauterscheinungen gestellt werden. Dazu kommt eine ausführliche Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) unter Einbezug der Beschwerden und Nachfragen nach Allergien oder nach Verwandten mit Neurodermitis.
Weitere Abklärungen:
- Haut-Allergietests um Allergene wie Pollen, Nahrungsmittel, Hausstaubmilben zu eruieren.
- Bluttests zum Nachweis bestimmter Antikörper (IgE-Antikörper), die Hinweise auf das Bestehen einer Veranlagung zur Atopie geben.
- Untersuchungen von begleitenden allergischen Erkrankungen wie Heuschnupfen, Asthma oder Nahrungsmittelallergien.
Der allerwichtigste Ratschlag bei Neurodermitis ist: Nicht kratzen, auch wenn es noch so juckt! Kratzen verschlimmert die Neurodermitis und führt zu Infektionen der Herde. Ebenso wichtig ist die regelmässige Pflege der trockenen Haut - auch in der Abheilungsphase und beschwerdefreien Zeit. Nichtreizende, unparfümierte Waschlotionen (z.B. Waschen der Haut, Haare und der Kleider mit einem Waschnuss-Sud), Ölbäder, Duschöle, Fettsalben oder fette Cremes helfen Rückzufetten und den Eigenschutz der Haut zu fördern. Am besten nimmt man die Produkte, mit denen man sich am wohlsten fühlt.
Medikamente
Bei der medikamentösen Therapie unterscheidet man zwischen der äusserlichen (topischen) Behandlung mit Salben, Crèmes oder Emulsionen und der innerlichen (systemischen) Behandlung, meist in Form von Tabletten oder Infusionen.
Bei den meisten leichten bis mittelschweren Fällen der atopischen Dermatitis reicht eine topische Behandlung aus, um die Beschwerden der Betroffenen ausreichend zu bessern. Zusätzlich können gut verträgliche Medikamente wie z.B. Antihistaminika in Tablettenform verabreicht werden. Nur in schweren Fällen ist die systemische Therapie mit entzündungshemmenden Substanzen (wie Kortison) nötig.
Kortison: Kortison als Crème, Salbe oder für die Kopfhaut auch als Lösung, wirkt entzündungshemmend und juckreizstillend. Die äusserliche Anwendung von Kortison ist unbedenklich, da keine nennenswerten Kortisonmengen in den Körper gelangen; das befürchtete Risiko des Dünnerwerdens der Haut ist äusserts gering. Meistens bessert sich unter Kortisonsalben der Hautbefund innerhalb von 2 Wochen deutlich.
Kortison als Tabletten wird nur in schweren Fällen angewendet.
Wichtig ist, dass die Kortisonbehandlung nicht abrupt beendet wird, sondern ausgeschlichen wird, da die Entzündung sonst sofort wieder aufflammen kann. Der Arzt wird also die Dosis langsam reduzieren oder die Abstände der Einnahme verlängern, bevor die Behandlung ganz gestoppt werden kann.
Antibiotika: Gegen bakterielle Infektionen der betroffenen Hautstellen helfen Antibiotika, die meist als Tabletten eingenommen werden. Es gibt aber auch antibiotische Salben, die meist mit Kortison kombiniert sind.
Topische Immunmodulatoren (Calcineurinhemmer): Sie sind eine Alternative zur Kortisontherapie und sind auch bei schwerer Neurodermitis wirksam. Sie werden als Salbe oder Crème aufgetragen. Indem Sie das bei Neurodermitis typische Ungleichgewicht der Immunabwehr der Haut positiv beeinflussen, kommt es zu einem Rückgang der Entzündung, Rötung und Juckreiz der Haut. Sie helfen auch den Bedarf an Kortison zu reduzieren, dass dann nur noch bei sehr schweren Schüben engesetzt werden muss.
Antihistaminika: Antihistaminika sind antiallergische Medikamente und können problemlos über längere Zeit eingenommen werden. Sie sind eher nebenwirkungsarm (Müdigkeit) und helfen zur Verminderung des Juckreizes.
Bei besonders Schweren Fällen kommen auch Immunsuppresiva zum Einsatz, welche sich gegen die überschiessende Immunreaktion des Körpers beim Neurodermitiker richtet.
Andere Wirkstoffe zur Lokaltherapie
Gerbstoffe: wirken entzündungshemmend, leicht juckreizstillend, fördern die Wundheilung und regulieren den Wasserhaushalt der Haut. Sie werden oft zur Unterstützung anderer Therapien eingesetzt oder kommen beim Ausschleichen einer Kortisontherapie an den kortisonfreien Tagen zum Einsatz.
Harnstoffpräparate: Harnstoff ist ein natürlicher Bestandteil der Haut und wirkt dort juckreizstillen, keimabtötend und feuchtigkeitserhaltend. Die Haut erhält so wieder mehr Feuchtigkeit, sie wird weicher und geschmeidiger und der Juckreiz wird gelinder.
Teerpräparate und Schieferöle werden zur Behandlung von chronisch bestehenden Hautveränderungen eingesetzt. Sie wirken entzündungshemmend und juchreizstillend. Teerpräparate führen zu einer erhöhten Lichtempfindlichkeit der Haut und sollten daher bei Kindern nicht angewendet werden.
Zinkschüttelmixturen haben den Vorteil, dass sie keine Nebenwirkungen haben, dafür ziemlich aufwändig sind.
Präparate zur kühlenden Juchreizstillung: Zur Linderung des Juckreizes stehen Präparate mit einem kühlenden Effekt zur Verfügung. Dazu zählen Lotionen die Menthol, Phenol, Kampfer oder Polidocanol enthalten und auf die Haut aufgetragen werden. Nachteil ist, dass bei längerer Anwendung die Haut stark austrocknet.
Licht- und Klimatherapien
Viele Neurodermitispatienten sprechen auf Bestrahlung mit UV-Licht gut an. Aber auch hier: ein Zuviel schadet der Haut. Die Meeresküste und das Klima des Hochgebirges scheinen ein schlechter Boden für Allergene zu sein und führen daher oft nach 4-6 Wochen - zu Verbesserungen der Symptome.
Was kann man selber tun
Hautpflege
Die Neurodermitis-Haut ist sehr empfindlich. Es empfehlen sich daher nur milde, unparfümierte Waschlotionen (z.B. auch Waschnüsse, die die Haut nicht reizen und pflegen) und Crèmes, harnstoffhaltige Pflegeprodukte oder spezielle medizinische Ölbäder.
Richtige Kleidung wählen
Die Haut vieler Betroffener reagiert empfindlich auf Wolle und synthetische Fasern; Baumwolle wird gut vertragen.
Entspannungstechniken
Dem oftmals extrem quälenden Juckreiz und dessen Aushalten kann man mit Entspannungstechniken wie Yoga oder autogenem Training begegnen.
Eine Heilung der Neurodermitis gibt es bisher nicht. Aber mit der konsequenten Behandlung, der Behandlung der Allergien oder Vermeiden der Allergene können die meisten Betroffenen ein praktisch normales Leben führen und sich vor Schüben schützen.
Bei der Hälfte aller betroffenen Babys verschwinden die Hauterscheinungen innerhalb der ersten zwei Jahre wieder. Bei weiteren 20% der Kinder hören die Schübe mit der Pubertät auf.
Säuglinge die über mindestens sechs Monate gestillt wurden, scheinen ein kleineres Risiko zu haben, eine atopische Erkrankung (Asthma, Heuschnupfen, Neurodermitis) zu entwickeln.
Generell sollte jeder Neurodermitiker herausfinden, welche Auslöser die Neurodermitis verschlechtern und diese versuchen zu vermeiden. Oft besteht gleichzeitig andere Allergien wie Pollen-, Hausstaubmilben- oder Nahrungsmittelallergie; bekannte Allergene sind zu vermeiden.
Wäsche und Haut sollen möglichst schonend gewaschen und gut gespült werden, um hautreizende Waschrückstände zu beseitigen. Wolle und synthetische Fasern führen oft zu Reizungen der Haut und sollten vor allem bei Kleinkindern vermieden werden.
Zigarettenrauch sollte unbedingt gemieden werden, da dies als verstärkender Faktor (Trigger) gilt.