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Übermässiges Schwitzen: Unnatürlich gesteigerte Schweissproduktion
Übermässiges Schwitzen: Unnatürlich gesteigerte Schweissproduktion

Unter Hyperhidrose versteht man die über die normale Wärmeregulation hinausgehende Steigerung der Schweisssekretion aus Schweissdrüsen. In der Schweiz sind etwa 2-4% der Bevölkerung davon betroffen. Zudem kann sie auch als Begleiterscheinung von zahlreichen inneren Krankheiten oder das Nervensystem betreffende Störungen auftreten. Man unterscheidet prinzipiell zwischen primärer und sekundärer Hyperhidrose.

Ekkrine und apokrine Schweissdrüsen
Ekkrine Schweissdrüsen kommen fast überall an der Hautoberfläche vor. Apokrine Schweissdrüsen werden auch Duftdrüsen genannt und kommen nur in bestimmten Hautstellen vor (Achselhöhle, Brustwarze, Genital-und Aftergegend).

Bestandteile des Schweisssekretes
Wasser (99%), Natriumchlorid (Kochsalz), Harnstoff, Proteine, flüchtige Fettsäuren, Ammoniak, Androgene.

Funktion der Schweissbildung

  • Ausbildung eines Säureschutzmantels zur Abwehr gegen Krankheitserreger
  • Wärmeregulation durch Verdunstung des Schweisses an der Hautoberfläche. Bei starker Hitze beginnt die Schweissproduktion im Gesicht und breitet sich dann über den Körper aus. Bei Stress dagegen beginnt die Schweissausscheidung an Handteller und Fusssohle.

Die Regulation der Schweissdrüsen erfolgt über das vegetative Nervensystem mittels eines Botenstoffes, dem Acetylcholin.

Bei der primären Hyperhidrose kommt es zu einer vermehrten Schweisssekretion an Handflächen, Fusssohlen oder Achselhöhlen. Vermehrtes Schwitzen wird zum Teil vererbt und beginnt normalerweise in der Pubertät. Emotionale Reize und Hitze können die vermehrte Schweissproduktion auslösen.

Eine sekundäre Hyperhidrose tritt in den meisten Fällen generalisiert, mit Schweissflüssen am ganzen Körper auf. Sie kann eine Folge von endokrinen Erkrankungen sein wie z.B. Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)  Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), hormonellen Störungen (z. B. Klimakterium); aber auch verschiedene Medikamente (z. B. Beta-Blocker, Antidepressiva) können eine sekundäre Hyperhidrose auslösen.

Eine spezielle Form stellt die Hyperhidrose nach Genuss von Nahrungsmitteln wie scharfen Gewürzen, Kaffee, Schokolade oder Erdnussbutter dar.

Übermässiges Schwitzen: Iontophorese mit Gleichstrom
Übermässiges Schwitzen: Iontophorese mit Gleichstrom

Eine generalisierte, am ganzen Körper auftretende Schweissüberproduktion bedarf einer medizinischen Abklärung, um eine zugrunde liegende Erkrankung oder Medikamente als Ursache ausschliessen zu können.
 
Zur Behandlung der lokalisierten Hyperhidrose gibt es mehrere Möglichkeiten: Zunächst versucht man die örtliche Applikation von Präparaten, welche Aluminiumsalze enthalten, für Hände und Füsse evtl. zusätzlich Iontophorese (Wasserbad mit leichtem Gleichstrom). Neuerdings kann die lokalisierte Hyperhidrose längerfristig und schonend mit lokalen Injektionen von Botulinumtoxin A behandelt werden. Dauerhafte Erfolge lassen sich mit chirurgischen Massnahmen erreichen.

Aluminiumsalze (Aluminiumchloride)
  • Aluminiumchlorid bewirkt ein mechanisches Zusammenziehen des Schweissdrüsenausführungsganges und führt sogar zu einem vorübergehenden Gewebeschwund der ekkrinen Schweissdrüsen. Die Wirkung hält etwa 3-4 Wochen an.
  • Bei starker Hyperhidrose empfiehlt sich die Anwendung einer 10-25%igen Aluminiumchloridlösung.
  • Die Präparate sollten abends und anfangs täglich aufgetragen werden, bis es zu einer Normalisierung kommt. Nach einiger Zeit kann die Anwendung auf 2 bis 3 mal pro Woche reduziert werden.
  • Aluminiumsalze lösen in der Regel kein kontaktallergisches Ekzem aus und sind auch für sehr empfindlich reagierende Personen geeignet.
Iontophorese
  • Zur Behandlung der Hyperhidrose wird Gleichstrom (15-20mA) mittels Wasserbädern durch beide Hände, Achseln oder Füsse geleitet.
  • Nach 5-10 Behandlungen (Zeitdauer je 20-30 Minuten) tritt eine verminderte Schweissbildung (Anhidrose) auf, welche Tage bis Wochen anhält.
  • Die Behandlung muss in regelmässigen Abständen wiederholt werden.
Botulinumtoxin A
  • Das Nervengift ist hochwirksam und blockiert die cholinergen Nervenendigungen mit dem Signalstoff Acetylcholin und führt so zu einer Verminderung der Schweisssekretion.
  • Das Botulinumtoxin wird injiziert. Die Behandlung der Achselzone, sowie lokalisierte Bereiche des Gesichtes oder Stammes sind problemlos. Injektionen in die Hand oder den Füssen sind sehr schmerzhaft und bedürfen einer vorgängigen lokalen Betäubung.
  • Die verminderte Schweissbildung hält bis 1.5 Jahre an.
  • Wegen der ausgeprägten Toxizität des Medikamentes gehört die Behandlung in die Hand eines im Umgang mit dem Toxin erfahrenen Arztes.
Operative Verfahren

Aufgrund des neu zur Verfügung stehenden Botulinumtoxin A haben chirurgische Verfahren an Bedeutung verloren, bei denen die aktivsten Areale der Schweisssekretion entfernt wurden oder der regulierende Nervenstrang, der die Schweissproduktion beeinflusst, entfernt wurde. 

Medikamentöse Behandlung

Bei Patienten mit unkontrollierten Angstzuständen und Hyperhidrose eignen sich zur Behandlung Beruhigungsmittel (Benzodiazepine), Belladonna-Präparate und Anticholinergika. Letztgenannte Substanzgruppe kann erhebliche Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Akkomodationsstörungen (Fern-und Weitestellung des Auges), Tachykardie (Herzjagen) sowie Magen-Darmtrakt-und Blasenfehlfunktionen mit sich bringen.

Dr. med. Gerhard Emrich

Gerhard Emrich hat in Wien Medizin studiert. Er ist Medizinjournalist mit langjähriger Erfahrung in medical writing.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
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