Ohnmacht (Kollaps, Kreislaufkollaps, Ohnmachtsanfall, Plötzliche Bewusstlosigkeit, Synkope)
Eine Ohnmacht - auch " Synkope" genannt - ist ein kurzzeitiger Bewusstseinsverlust von einigen Sekunden bis maximal einer Minute. Danach ist der Betroffene wieder wach und ansprechbar. Die Ohnmacht kann sich mit Warnzeichen ankündigen. Solche können sein: Schwindel , Übelkeit , "Schwarzwerden vor den Augen", "Aufsteigendes Hitzegefühl", Schweissausbruch, weiche Knie, "komisches Gefühl im Bauch" und Herzklopfen . Eine Ohnmacht kann aber auch plötzlich ohne jegliche Vorwarnung auftreten, insbesondere wenn Herzrhythmusstörungen die Ursache sind. Nicht selten kommt es bei einer Ohnmacht zum Sturz mit Verletzungen.
Eine Ohnmacht, die länger als eine Minute dauert, ist ein absoluter Notfall. Es müssen sofort Erste-Hilfe-Massnahmen eingeleitet (siehe unter "Selbsthilfe") und der Notarzt verständigt werden (Notruf: Schweiz: 144, Internationaler Notruf 112).
Begleitsymptome: oben genannten Warnzeichen
Eine Ohnmacht kann verschiedenste Ursachen haben. Allen gemeinsam ist, dass sie zu einer kurzzeitigen Minderdurchblutung des Gehirns führen.
Der häufigste Grund für eine Ohnmacht sind Kreislauffunktionsstörungen. Hier werden zwei Formen unterschieden: die "vasovagale Synkope" und die "orthostatische Synkope" (siehe nachfolgend). Weitere Ursachen sind Erkrankungen des Herzens, des Gehirns, Stoffwechselstörungen sowie Nebenwirkung von Medikamenten. Bei älteren Menschen kann es nach üppigen Mahlzeiten oder durch heftiges Pressen beim Stuhlgang oder beim Harnlassen zu Ohnmachtsanfällen kommen. In manchen Fällen wird keine Ursache gefunden.
Ursachen einer Ohnmacht
Herz- und Kreislauferkrankungen:
- Vasovagale Synkope (reflexvermittelte Ohnmacht): Eine Überreaktion des Nervensystems bei sonst gesunden Menschen führt zum plötzlichen Puls- und Blutdruckabfall und damit zur Ohnmacht. Häufige Auslöser sind starke Schmerzen, Stress, unangenehme Gerüche, schlechte Nachricht oder Angst . Bekanntes Beispiel ist die Ohnmacht beim Anblick von Blut beim Blutabnehmen).
- Orthostatische Synkope: Durch schnelles Aufstehen aus dem Liegen sackt das Blutes aus der oberen Körperregion in die Beine und das Gehirn wird weniger durchblutet. Dem Betroffenen wird "Schwarz vor den Augen". Ein weiteres Beispiel ist der Ohnmachtsanfall durch langes Stehen in einer Menschenmenge (z.B. Popkonzert).
- Karotissinussyndrom: An der Aufzweigung der Halsschlagader (Karotissinus) befinden sich Blutdruckfühler, die Blutdruck und Puls regulieren. Bei manchen Menschen reagieren diese Fühler besonders empfindlich auf Druck von Aussen. Bereits ein enger Hemdkragen oder das Kopfdrehen kann eine Ohnmacht auslösen.
- Herzrhythmusstörungen : Herzrasen (Tachykardie) oder ein zu langsamer Herzschlag (Bradykardie )
- Herzinfarkt
- Herzklappenfehler (z.B. Aortenklappen
- Herzinsuffizienz
- Artherosklerose (Gefässverkalkung ) der Halsschlagader
Erkrankungen des Gehirns
Stoffwechselerkrankungen
- Unterzuckerung im Rahmen einer Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
Weitere Ursachen
- Nebenwirkung von Medikamenten: Blutdruckmittel, Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen, Antidepressiva , starke Schmerzmittel und andere.
- Im Rahmen eines Drogen- oder Alkoholentzugs
Kreislaufbedingten Ohnmachtsanfällen (z.B. bei zu niedrigem Blutdruck) kann man mit einfachen Massnahmen vorbeugen:
- Situationen vermeiden, in denen man zur Ohnmacht neigt: z.B. Blutabnahme im Liegen statt im Sitzen, dichtgedrängtes Stehen in vorderster Reihe bei Grossveranstaltungen meiden, etc.
- "Kreislauftraining" um den Kreislauf in Schwung zu bringen: regelmässiger Ausdauersport, Kalt-Warm-Wechselduschen, Saunagänge, Morgengymnastik im Bett vor dem Aufstehen.
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr und regelmässiges Essen, ev. Salzzufuhr erhöhen bei generell niedrigem Blutdruck.
- Tragen von Stützstrümpfen wirkt dem Absacken des Blutes in die Beine beim Aufstehen entgegen.
Massnahmen bei herannahender Ohnmacht
- Sofortiges Hinlegen oder Hinsetzen und Hochlagern der Beine: die Hirndurchblutung wird dadurch erhöht und gleichzeitig die Verletzungsgefahr durch einen Sturz gebannt
- Besteht keine Möglichkeit sich hinzulegen oder hinzusetzen (z.B. in einer dichtgedrängten Menschenmenge), kann ein kräftiges Muskelanspannen den Blutdruck und damit die Hirndurchblutung kurzzeitig erhöhen und ev. die Ohnmacht verhindern: Beine überkreuzen, Finger beider Hände ineinander verhaken und Hände kräftig auseinanderziehen, gleichzeitig Bein-, Bauch- und Gesässmuskeln stark anspannen.
Erste-Hilfe-Massnahmen bei bereits eingetretener Ohnmacht
- Bewusstseinszustand prüfen: Betroffene ansprechen und anfassen,
- Alarm auslösen: Umstehende auf die Notfallsituation aufmerksam machen, laut rufen.
- Atmung prüfen! (Brustkorbbewegung? Atemhauch spürbar)
- Atmung vorhanden: stabile Seitenlage, dann Notruf: Schweiz: 144, Internationaler Notruf: 112.
- Keine normale Atmung oder wenn daran Zweifel besteht: Sofort Herz-Lungen-Wiederbelebung einleiten: siehe: http://www.sprechzimmer.ch/sprechzimmer/Fokus/Herz/_Herz_Kreislauf/Notfall/Herz_Notfall.php
Ein erstmaliger Ohnmachtsanfall soll immer ärztlich abgeklärt werden. Am wichtigsten ist es herauszufinden, ob eine Herzerkrankung die Ursache ist. Denn: Ohnmachtsanfälle, die z.B. durch Herzrhythmusstörungen verursacht werden, sind besonders gefährlich.
Welcher Arzt ist zuständig?
Um sich ein genaues Bild von den aktuellen Beschwerden und den möglichen Ursachen zu machen, erfolgt zuerst die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und eine körperliche Untersuchung mit einfachen Hilfsmitteln (Betrachten, Abtasten, Abhören, Abklopfen, Funktionsprüfungen, etc.). Ausgehend von der Anamnese und der körperlichen Untersuchung können weitere spezielle Untersuchungen folgen. Bei der Ohnmacht ist insbesondere auch die Schilderung von Augenzeugen hilfreich.
Wichtige Fragen zur Krankengeschichte (Anamnese)
- Fragen zur Ohnmacht selbst: Genau Umstände (unmittelbar nach körperlicher Belastung, nach schnellem Aufstehen, etc.), erstmalig oder bereist früher aufgetreten, Zuckungen bzw. Krämpfe oder ein unwillkürlicher Urin- oder Stuhlabgang, etc.
- Begleitsymptome (Warnzeichen) unmittelbar vor der Ohnmacht (siehe oben)
- Vor- und Begleiterkrankungen, inklusive Operationen
- Bedeutsame Erkrankungen und Todesursachen in der Familie, z.B.plötzlicher Herztod
- Medikamenteneinnahme
- Allergien
- Lebensumstände, beruflicher und sozialer Hintergrund
- Lebensgewohnheiten: Ernährung, Schlaf, Genussmittel (Kaffee, Alkohol, Nikotin, Drogen, Stress, etc.)
Körperliche Untersuchung
Dazu gehören das Abhören von Herz und Lunge sowie die Prüfung der Kreislauffunktion (sogenannter Schellong-Test): Messung von Blutdruck und Puls im Liegen und mehrmalige Messung nach raschem Aufstehen aus dem Liegen. Es folgt eine allgemeine internistische und neurologische Untersuchung.
Weitere Diagnostik/spezielle Untersuchungen:
- Blutuntersuchung (Blutbild, Blutzucker , Sauerstoffsättigung, Salz- und Elektrolyte, Entzündungswerte, Nieren- und Schilddrüsenparameter)
- EKG (Elektrokardiogramm m=Aufzeichnung der Herzströme): Ruhe-EKG, Belastungs-EKG , 24h-EKG, Langzeit-EKG
- Herz ultraschall
- Ultraschall der grossen Blutgefässe am Hals (Bestimmung der Blutzufuhr zum Gehirn)
- Spezielle Provokationstests zur Prüfung der Kreislauf- und Durchblutungsfunktion
- EEG (Elektrokardiogramm=Aufzeichnung der Hirnströme)
- Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT)
Mehr Informationen zur Abklärung (Diagnostik) finden Sie in den jeweiligen Krankheitsbildern.
Die Behandlung bei Ohnmacht richtet sich nach der Ursache, wobei folgende Behandlungsmöglichkeiten in Frage kommen:
- Bei Kreislauffunktionsstörungen ohne weitere Erkrankungen: primär Allgemeinmassnahmen wie Kreislauftraining oder Vermeiden der ohnmachtsauslösenden Situationen (Selbsthilfe >>).
- Bei Erkrankungen des Herzens:
- Kreislauftraining
- Einsetzen (Implantation) eines Herzschrittmachers bei zu langsamen Herzschlag (Bradykardie)
- Medikamente oder implantierbarer Defibrillator bei Herzrhythmusstörungen mit zu schnellem Herzschlag (Tachykardien)
- Medikamente oder Herzoperation (Herzklappenersatz) bei Herzklappenerkrankung oder anderen Herzerkrankungen
Beispiele weiterer spezieller Therapien:
- Medikamente zur Blutdruckeinstellung
- Operation der Halsschlagader bei stärkerer Verengungen
- Medikamentöse Einstellung eines erhöhten Blutzuckers (Diabetes )
- Medikamente gegen Epilepsie (Antiepileptika )