Gefühlsstörungen in Armen oder Beinen (Gefühlsstörungen, Sensibilitätsstörungen, Taubheitsgefühle)
Gefühlsstörungen in den Extremitäten (Arme, Beine) können als verschiedene Missempfindungen auftreten:
- Andersartige Wahrnehmungen: Am häufigsten sind Kribbeln ("Ameisenlaufen") oder Taubheitsgefühle. Weitere sind Jucken, Brennen, Stechen, Druck- oder Spannungsgefühle und Schmerzen. In manchen Fällen besteht auch ein ungewöhnliches Kälte- oder Wärmeempfinden
- Gestörtes Empfinden von Sinnesreizen: Berührungen, Schmerzen oder Temperaturen werden anders, stärker oder schwächer wahrgenommen.
Je nach Ursache sind beide oder nur eine Körperhälfte betroffen. Die Symptome können vorübergehend oder dauerhaft bestehen.
Schädigungen von Nerven (= Neuropathie) führen zu typischen Schmerzen, Gefühlsstörungen und Schwäche bis hin zu Lähmungen der Muskeln, die vom Nerven gesteuert werden. Sind viele Nerven betroffen, spricht man von Polyneuropathie (poly = viel), ist nur ein Nerv geschädigt von Mononeuropathie (mono = einzeln).
Begleitsymptome: Schmerzen, Bewegungseinschränkungen, Muskelschwäche, Lähmungen.
Die häufigsten Ursachen für dauerhafte Nervenschädigungen, die zu Gefühlsstörungen in Armen oder Beinen führen, sind die Zuckerkrankheit und Alkoholmissbrauch. Aber auch andere Erkrankungen des Nervensystems, des Bewegungsapparates (z.B. Bandscheibenvorfall), Durchblutungsstörungen, Hormonstörungen (insbesondere der Schilddrüse), Vitaminmangelsyndrome und viele weitere Ursachen können dahinterstecken. In manchen Fällen wird auch keine eindeutige Ursache gefunden.
Schädigungen einzelner Nerven (Mononeuropathie) werden meist durch Druck auf den Nerven (Nervenkompression), Entzündungen, Vergiftungen (Schwermetalle) oder durch Nervenverletzungen bei Unfällen oder Operationen verursacht.
Anfallsartiges und vorrübergehendes Kribbeln in den Extremitäten kann im Rahmen einer Migräne attacke, eines Krampfanfalls oder bei Hyperventilation (Stress, Panikattacke) auftreten.
Ursachen für Gefühlsstörungen in Armen oder Beinen:
- Durchblutungsstörungen der Extremitäten
- Krampfadern, Varizen, Besenreiser
- Schlaganfall
- Migräne: Kribbeln als Vorbote eines Migräneanfalls
- Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), bei schlechter Zuckereinstellung
- Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose)
- Bandscheibenvorfall, Diskushernie, Discusprolaps
- Nerveneinklemmung: Karpaltunnelsyndrom, Ischialgie
- Multiple Sklerose
- Parkinson
- Alkoholsucht
- Infektionskrankheiten mit Viren z.B. Gürtelrose (Herpes zoster) oder Bakterien, z.B. Borreliose
- Restless-Leg-Syndrom
- Verletzungen mit Nervenschädigung: Schulterverrenkung, Oberarmbruch (Humerusfraktur), Unterarmbruch, Schleudertrauma
- Erfrierungen, Frostbeulen
- Vitaminmangelsyndrome (Vitamin B12), Magnesium - oder Eisenmangel
- Hyperventilation
- Angst - oder Panikattacken
- Hirntumoren, Rückenmark stumoren
- Spina bifida, Offener Rücken
- Nebenwirkung einer Medikamenteneinnahme, nach Chemotherapie
- Schwermetallvergiftung
Generell trägt ein gesunder Lebensstil dazu bei, gewissen Erkrankungen vorzubeugen, die zu Gefühlsstörungen in Armen oder Beinen führen können. Dies gilt besonders für die beiden Hauptverursacher einer Polyneuropathie - Diabetes und Alkohol.
Zur Reduktion der Risikofaktoren helfen folgende Massnahmen:
- Alkohol vermeiden
- Gesunde Ernährung und regelmässige Bewegung/Sport
- Übergewicht reduzieren
- Nikotinverzicht
- Diabetiker: Gute Blutzuckereinstellung, Diabetesschulung
Gefühlsstörungen (Sensibilitätsstörungen) in den Extremitäten, die plötzlich auftreten, stark ausgeprägt sind, länger anhalten oder wiederholt auftreten, müssen vom Arzt abgeklärt werden. Zum Arzt sollte man auch, bei Gefühlsstörungen in Armen oder Beinen nach einer Verletzung (Sturz, Schlag, etc.).
Notfall Schlaganfall
Ein plötzliches Taubheitsgefühl auf einer Körperhälfte (Arm, Bein, Gesichtshälfte oder im Mund), ist immer ein Alarmzeichen für einen möglichen Schlaganfall. Weitere Zeichen für einen Schlaganfall sind: Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Seh- und Sprachstörungen sowie Lähmungserscheinungen. Auch wenn diese Symptome nach kurzer Zeit wieder von selbst verschwinden, sollte man dringend ins Spital.
Welcher Arzt ist zuständig?
Um sich ein genaues Bild von den aktuellen Beschwerden und den möglichen Ursachen zu machen, erfolgt zuerst die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und eine körperliche Untersuchung mit einfachen Hilfsmitteln (Betrachten, Abtasten, Abhören, Abklopfen, Funktionsprüfungen, etc.). Ausgehend von der Anamnese und der körperlichen Untersuchung können weitere spezielle Untersuchungen folgen.
Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese)
- Fragen zu den Gefühlsstörungen in Armen oder Beinen selbst: seit wann, wie stark, plötzlich oder allmählich aufgetreten, Art der Missempfindungen (kitzelnd, brennend, stechend, etc.), bestimmte oder mehrere Körperstellen betroffen, ständig oder zu gewissen Zeiten bzw. in bestimmten Situationen, temperaturabhängig, was hilft zur Linderung, was verschlimmert, etc.
- Begleitsymptome (siehe oben)
- Vor- und Begleiterkrankungen, inklusive Unfälle, Operationen
- Bedeutsame Erkrankungen/Todesursachen in der Familie
- Allergien
- Medikamenteneinnahme
- Lebensumstände, beruflicher und sozialer Hintergrund
- Lebensgewohnheiten: Ernährung, Schlaf, Genussmittel (Kaffee, Alkohol, Nikotin, Drogen), Stress, etc.
Körperliche Untersuchung
Neben einer allgemeinen körperlichen Untersuchung erfolgt eine gründliche neurologische Untersuchung zur Beurteilung der Nervenfunktionen. Es werden Kraft, Reflexe, das Gefühlsempfinden und die Koordination geprüft.
Weitere Diagnostik/spezielle Untersuchungen
- Elektroneurografie (Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit: zeigt an, wie sehr ein Nerv geschädigt ist)
- Elektromyografie (Messung der Muskelaktivität: prüft das Zusammenspiel zwischen muskelversorgenden Nerven und Muskel)
- Blutuntersuchungen
- Röntgen
- Ultraschalluntersuchung
- Computertomografie (CT)
- Nervenbiopsie
Mehr Informationen zur Abklärung (Diagnostik) finden Sie in den jeweiligen Krankheitsbildern
Die Behandlung bei Gefühlsstörungen in Armen oder Beinen richtet sich nach der Ursache, wobei folgende Behandlungsmöglichkeiten in Frage kommen:
Behandlung der Grunderkrankung
- Diabetiker: Optimale Blutzuckereinstellung, Diabetesschulung
- Behandlung von Infektionen, z.B. Antibiotika bei Bakterien als Ursache
- Entzündliche Erkrankungen: Kortisonpräparate als Tabletten oder örtliche Injektionen
- Ausgleich eines Vitamin B12-Mangels
- Alkoholentzug bei Alkoholsucht
Medikamente
Bei nervenbedingten Schmerzen helfen herkömmliche Schmerzmittel oft nicht. Eine Linderung kann aber in vielen Fällen durch Medikamente erreicht werden, die eigentlich zur Behandlung von Depressionen (Antidepressiva) oder von Krampfanfällen (Antiepileptika) eingesetzt werden. In schweren Fällen werden auch starke Schmerzmittel (sogenannte Opioide) vom Arzt verschrieben.
Weitere Therapieformen
- Physiotherapie, Krankengymnastik
- Elektrobehandlung/TENS (Transkutane Elektrische Nervenstimulation/Ultraschalltherapie)
- Hilfsmittel: Beinschienen (Orthesen), Orthopädische Schuhe, etc. zur Entlastung, Stabilisierung der Extremitäten.
- Wechselbäder, kalte oder warme Wickel
- Psychotherapie/Verhaltenstherapie um besser mit chronischen Schmerzen umzugehen
Operation
- Operative Massnahmen können beispielsweise bei Verletzungen mit Durchtrennung von Nerven, bei einer Nerveneinklemmung (z.B. Bandscheibenvorfall) oder bei Tumoren notwendig werden.