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Lähmungen können durch Verletzungen, Schlaganfall oder Krankheit entstehen und verschiedene Bereiche betreffen
Lähmungen können durch Verletzungen, Schlaganfall oder Krankheit entstehen und verschiedene Bereiche betreffen
Eine Lähmung bezeichnet den teilweisen oder kompletten Funktionsausfall eines Körperteils oder eines Organs. Im neurologischen Sinn handelt es sich dabei um eine Störung der Nerven oder des Übergangs von den Nerven zum Muskel. Wenn ein Muskel nicht regelmässig aktiviert wird, bildet er sich zurück (Muskelatrophie). Als Ursache kommen Störungen im peripheren (Verletzungen, Nervenentzündungen, Bandscheibenvorfall usw.) oder im zentralen Nervensystem (Schlaganfall, Multiple Sklerose, Hirnentzündungen, Trauma oder andere) in Frage. Lähmungen kommen als Empfindungsstörung manchmal auch ohne organisch nachweisbare Störung der Nervenfunktion vor.

Als Lähmung bezeichnet man die Unfähigkeit einzelne Körperteile (z.B. Arm, Bein, Gesicht, Mundwinkel) oder ganze Bereiche des Körpers (z.B. eine Körperhälfte) willentlich zu bewegen. Aber auch der ganze Körper kann von einer Lähmung betroffen sein (z.B. bei Querschnittslähmung). Lähmungen gehen mit abgeschwächten Muskelreflexen und im Verlauf mit einer Verschmächtigung der Muskulatur (Muskelatrophie) einher.

Generell unterscheidet man zwischen einer vollständigen Lähmung (= Plegie) und einer unvollständigen (leichteren) Lähmung (= Parese). Unvollständige Lähmungen werden oft als Muskelschwäche wahrgenommen.

Die Ursachen sind in der Regel Erkrankungen oder Schädigungen der Muskeln selbst oder der entsprechenden Nervenbahnen, welche die Muskeln steuern. Diese lassen sich in drei Gruppen einteilen:

  • Zentrale Lähmung: Die Ursache der Lähmung liegt im Gehirn oder im Rückenmark, wie z.B. bei Schlaganfall, Gehirnblutung oder Gehirnentzündung.
  • Periphere Lähmung: Die Ursache für die Lähmung sind Schädigungen der Nerven oder des Kontakts zwischen Nerven und Muskel. Beispiele sind Quetschungen der Nerven (z.B. durch Unfall oder Bandscheibenvorfall).
  • Muskuläre Lähmung: Die Ursache für die Lähmung liegt in den Muskeln selbst, wie z.B. bei einer Muskelentzündung oder bei erblichen Muskelerkrankungen.

Weiters wird das Ausmass einer Lähmung (Plegie oder Parese) wie folgt unterteilt:

  • Monoparese bzw. Monoplegie (mono = einzig), wenn nur ein Arm oder ein Bein betroffen ist
  • Hemiparese bzw. Hemiplegie (hemi = halb), wenn eine Körperhälfte betroffen ist
  • Paraparese bzw. Paraplegie (para = neben), wenn beide Arme oder beide Beine betroffen sind
  • Tetraparese bzw. Teraplegie (tetra = vier), wenn alle vier Gliedmassen betroffen sind

Lähmungen können aber nicht nur die willentlich kontrollierbaren Muskeln, sondern auch die sogenannte unwillkürliche Muskulatur betreffen, wie z.B. den Darm oder die Harnblase.

Abzugrenzen ist eine Bewegungsunfähigkeit aufgrund von Muskelverkrampfungen, Schmerzen oder Bewegungsblockaden. Hier handelt es sich um keine Lähmungen, auch wenn sie vielleicht so empfunden werden.

Mögliche Begleitsymptome: Gefühlsstörungen, Taubheitsgefühle, Kopfschmerzen, Fieber, Gangstörung, Schluckstörung, Sprachstörung, Nervenschmerzen

Lähmungen können viele verschiedene Ursachen haben. Als Auslöser kommen Erkrankungen oder Schädigungen des Gehirns, der Wirbelsäule, der Nerven, der Muskeln, Infektionen und verschiedene innere Erkrankungen in Frage.

Mögliche Ursachen für Lähmungen:

Lähmungen selbst kann man nicht direkt vorbeugen. Generell träg aber eine gesunde Lebensweise (ausgewogene Ernährung, regelmässige Bewegung, wenig Stress, gemässigter Alkoholkonsum, Rauchverzicht, gesunder Schlaf, etc.) dazu bei, einigen Erkrankungen vorzubeugen, wie zum Beispiel der Arteriosklerose, die einen Schlaganfall und damit eine Lähmung auslösen kann.

Lähmungserscheinungen sind immer ein Grund sofort zum Arzt zu gehen.

Unverzüglich zum Arzt oder ins Spital sollte man:

  • Wenn eine Lähmung schnell innerhalb von Minuten bis Stunden auftritt.
  • Bei Lähmungserscheinungen nach einem Unfall oder einer Verletzung
  • Wenn Harnblase oder Enddarm von der Lähmung betroffen sind.
  • Bei einer Lähmung der Atemmuskulatur und dem Gefühl der Luftnot.
  • Bei vorübergehenden Lähmungserscheinungen, auch wenn diese noch am gleichen Tag von selbst wieder verschwinden. Es könnte sich um einen drohenden Schlaganfall handeln.

Welcher Arzt ist zuständig?

  • Notarzt (Notruf: Schweiz: 144, Internationaler Notruf 112)
  • Neurologe


Um sich ein genaues Bild von den aktuellen Beschwerden und den möglichen Ursachen zu machen, erfolgt zuerst die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und eine körperliche Untersuchung mit einfachen Hilfsmitteln (Betrachten, Abtasten, Abhören, Abklopfen, Funktionsprüfungen, etc.). Ausgehend davon können weitere spezielle Untersuchungen folgen.

Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese)

  • Fragen zum Symptom Lähmungen selbst: seit wann, welche Körperteile sind betroffen, plötzlich innerhalb von Minuten oder Stunden oder allmählich über Tage oder Wochen aufgetreten, mögliche Auslöser (z.B. Unfall, Infektionskrankheit), Schwierigkeiten beim Stuhlgang oder Wasserlassen, etc.
  • Begleitsymptome (siehe oben)
  • Vor- und Begleiterkrankungen, inklusive Operationen oder Unfälle
  • Bedeutsame Erkrankungen und Todesursachen in der Familie
  • Allergien
  • Medikamenteneinnahme
  • Lebensumstände, beruflicher und sozialer Hintergrund
  • Lebensgewohnheiten: Bewegung, Ernährung, Schlaf, Genussmittel (Kaffee, Rauchen, Alkohol, Drogen), Stress, etc.

Körperliche Untersuchung

Es folgt eine eingehende Inspektion der gesamten Muskulatur, um genau zu sehen, welche Muskeln von der Lähmung betroffen sind und wie schwer. Lähmungen der Gesichtsmuskeln werden z.B. durch mimische Übungen festgestellt. Es folgt eine allgemeine Ganzkörperuntersuchung sowie eine eingehende neurologische Untersuchung, bei der unter anderem die Sinnesorgane und die Funktion der Hirnnerven, die Muskelreflexe (Beklopfen der Sehnen), das Berührungsempfinden (Bestreichen der Haut), die Schmerzwahrnehmung (Kneifen) und das Temperaturempfindung (kalte und warme Gegenstände) untersucht werden.

Weitere Diagnostik/Spezielle Untersuchungen

  • Blutuntersuchungen
  • Elektroneurographie (ENG): Messung der Nervenleitgeschwindigkeit und die Funktionstüchtigkeit der Nervenfasern durch elektrische Reizung der Nerven
  • Elektromyographie (EMG): Messung der Muskelströme gemessen. Dabei kann ermittelt werden, ob die zuführenden und den Muskel aktivierenden Nerven intakt sind oder ob die Muskeln selbst erkrankt sind.
  • Elektroenzephalographie (EEG): Darstellung der elektrischen Hirnströme
  • Bildgebende Untersuchungen: Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRI)
  • Muskel- oder Nervenbiopsie (Gewebeentnahme mit nachfolgender feingeweblicher Untersuchung)
  • Liquorpunktion: Untersuchung des Gehirnwassers
  • Gen-Untersuchung bei erblichen Erkrankungen (Molekulargenetische Diagnostik)

Die Behandlung von Lähmungen richtet sich nach der Ursache und Schwere der Beeinträchtigung. Im Vordergrund stehen die Behandlung der Grunderkrankung sowie Physiotherapie und physikalische Therapien.

Behandlung der Grunderkrankung

Wird die Lähmung durch eine behandelbare Erkrankung verursacht, gilt es in erster Linie diese zu beseitigen. Die Therapie kann die Einnahme von Medikamenten (z.B. entzündungshemmende Medikamente bei Muskelentzündungen) eine Operation (z.B. bei Bandscheibenvorfall) oder aufwendigere Behandlungen (z.B. bei Tumoren) umfassen.

Physiotherapie und physikalische Therapien

Bei vielen Nerven- oder erblichen Muskelerkrankungen ist eine ursächliche Behandlung oft schwierig, sodass die Behandlung in erster Linie auf eine Verbesserung der Beschwerden abzielt. Dabei spielen Physiotherapie, Massagen, Bewegungsbäder und Ähnliches eine wichtige Rolle.

Psychologische Betreuung und Anpassungen der Lebensumstände

Langwierige oder dauerhafte Lähmungen, wie z.B. bei einer Querschnittslähmung, erfordern nicht nur ein körperliche Umstellung, die Betroffenen müssen sich auch psychisch damit auseinander setzten und sich auf die veränderten Lebensumstände einstellen. Eine psychologische Betreuung und Selbsthilfegruppen können dazu Hilfestellung leisten.

Ebenso wichtig sind Massnahmen zur bedürfnisgerechten Ausstattung des persönlichen Umfeldes, wie z.B. Rollstuhltraining, barrierefreie Ausstattung der Wohnung, Umrüstung des Fahrzeugs sowie Freizeitangebote wie Sportgruppen für Menschen mit Handicap.

Dr. med. Fritz Grossenbacher

Fritz Grossenbacher hat in Bern Medizin studiert. Er besitzt einen Master of Medical Education der Universitäten Bern und Chicago und ein Zertifikat in Teaching Evidence based Medicine des UK Cochrane Center in Oxford.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
  
 
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