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Bewusstlosigkeit durch Durchblutungsstörungen, Unterzuckerung, Blutdruckabfall
Bewusstlosigkeit durch Durchblutungsstörungen, Unterzuckerung, Blutdruckabfall

Das Bewusstsein ist eine elementare Funktion der menschlichen Psyche. Es ermöglicht uns eine normale Interaktion mit unserer Umwelt. Man unterscheidet in der Medizin 4 verschiedene Einschränkungen der Bewusstseinslage:

  • Benommenheit: Denken und Handeln sind verlangsamt, eingeschränkte Orientierung
  • Somnolenz: Permanente Schläfrigkeit, Aufwecken ist jedoch noch möglich
  • Sopor: Schlafähnlicher Zustand, aus dem der Betroffene nur noch durch starke Schmerzreize aufgeweckt werden kann
  • Koma: höchster Grad von Bewusstlosigkeit. Ein Wecken ist nicht mehr möglich - allenfalls erlöschen auch lebenswichtige Reflexe

Irgendwelche Schädigungen des Gehirns (Trauma, Hirnschlag, Epileptischer Anfall, Infektion), eine Störung des Stoffwechsels (Unterzuckerung, Überzuckerung), Störungen des Lungen- und des Herzkreislauf-Systems (Rhythmusstörungen, Atempausen, Orthostase) oder Vergiftungen können zu unterschiedlich starken Bewusstseinsstörungen führen.

Ein normales Bewusstsein bedeutet die Fähigkeit, die Umwelt wahrzunehmen, mit ihr adäquat zu kommunizieren und auf äussere Reize zu reagieren.

Bei Bewusstseinsstörungen kommt es zur Veränderung des normalen Bewusstseins. Das Bewusstsein kann dabei eingeschränkt (Bewusstseinstrübung) oder komplett ausgeschaltet sein (Bewusstlosigkeit). Eine kurze Bewusstlosigkeit von wenigen Sekunden bis zu maximal einer Minute wird als Ohnmacht oder Synkope bezeichnet. Die schwerste Form der Bewusstlosigkeit ist das Koma.

Es werden zwei Formen von Bewusstseinsstörungen unterschieden:

  • Qualitative Bewusstseinsstörungen , bei denen die Bewusstseinsinhalte verändert sind. In diese Kategorie gehören Bewusstseinseintrübungen, Bewusstseinseinengungen oder Bewusstseinsverschiebungen, wie z.B. Halluzinationen oder abnorme Körperempfindungen.
  • Quantitative Bewusstseinsstörungen , bei denen die Wachheit entweder gesteigert ist (z.B. Delir) oder vermindert (z.B. Benommenheit oder Koma)

Es gibt verschiedene Grade der quantitativen Bewusstseinsverminderung:

  • Benommenheit (leichte Bewusstseinsstörung): verlangsamtes Denken und Handeln, Orientierungsschwierigkeiten, Auffassungs- und Konzentrationsstörungen , evtl. Sprachstörungen
  • Dämmerzustand (medizinisch: Somnolenz): Schläfrigkeit, der Betroffene ist durch Ansprechen oder durch äussere Reize (z.B. Kneifen) weckbar
  • Schlafähnlicher Zustand (medizinisch: Sopor): hochgradige Schläfrigkeit, der Betroffene ist nicht mehr ansprechbar und reagiert nur auf stärkere Reize (Schmerzreize). Ein völliges Erwecken ist aber nicht mehr möglich.
  • Koma (tiefe Bewusstlosigkeit): der Betroffene ist nicht mehr ansprechbar und reagiert nicht mehr auf Schmerzreize. Ein Koma ist immer ein lebensbedrohlicher Zustand.
Mögliche Begleitsymptome: Sehstörungen, flüchtige Lähmungen , Taubheitsgefühle , Sprachstörungen (Wortfindungsstörungen), Schwindel , Kopfschmerzen

Bewusstseinsstörungen können viele Ursachen haben. Neben Durchblutungsstörungen des Gehirns (z.B. Schlaganfall) sind Erkrankungen des Herzens, epileptische Anfälle oder eine Unterzuckerung im Rahmen einer Zuckerkrankheit häufige Auslöser. Auch Bewusstseinsstörungen nach einem Sturz oder Unfall, Infektionen, psychische Erkrankungen und viele weitere seltenere Ursachen kommen in Frage.

Psychiatrische Bewusstseinsstörungen (Psychosen) bei z.B. Manie, Schizophrenie , Drogenkonsum

Bewusstseinsstörungen sind unabhängig von der Ursache immer ein Notfall und erfordern sofortiges Handeln:

  • Betroffenen in Seitenlagerung bringen
  • Notarzt rufen (Notruf: Schweiz: 144, Internationaler Notruf 112)
  • Betroffenen fortlaufend beobachten und in regelmässigen Abständen Atmung und Puls kontrollieren.
  • Kommt es zum Atem- bzw. Kreislaufstillstand, muss eine Herz-Lungen-Wiederbelebung bis zum Eintreffen des Notarztes erfolgen.
Eine bewusstlose Person niemals auf den Rücken lagern (Erstickungsgefahr durch Zurückfallen der Zunge). Ausserdem kann in der stabilen Seitenlage Speichel, Erbrochenes oder Blut aus dem Mund abfliessen.

Eine Bewusstseinsstörung oder Bewusstlosigkeit stellt immer einen medizinischen Notfall dar!

Welcher Arzt ist zuständig?

Notarzt (Notruf: Schweiz: 144, Internationaler Notruf 112)


Die Bewusstseinsstörung bzw. Bewusstlosigkeit selbst kann der Arzt einfach erkennen. Vielmehr geht es darum, den Grad der Bewusstseinsstörung abzuschätzen und die Ursache möglichst schnell zu eruieren und zu behandeln. Dabei spielt die Befragung von Angehörigen oder Beobachtern (Fremdanamnese) eine bedeutende Rolle.

Für den Arzt wichtige Informationen bei Bewusstseinsstörungen bzw. Bewusstlosigkeit:

  • Dauer der Bewusstseinsstörung
  • Wie und wo wurde der Betroffene gefunden
  • Auffälligkeiten direkt vor Eintreten der Bewusstseinsstörung
  • Hat sich der Betroffen verletzt
  • Sind körperliche oder psychiatrische Erkrankungen bekannt
  • Medikamenteneinnahme
  • Drogen- oder Alkoholkonsum
  • Sind Allergien bekannt
  • Gibt es Hinweise auf Fremdverschulden

Körperliche Untersuchung

  • An erster Stelle steht die Überprüfung der Vitalfunktion: Atmung, Kreislauf (Puls, Blutdruck, Herzschlag) sowie Pupillenreflexe und andere Hirnfunktionen.
  • Der Grad der Bewusstseinsstörung wird mithilfe der sogenannten Glasgow-Coma-Skala abgeschätzt, bei der die folgenden drei Grundfunktionen des Bewusstseins mit Punkten bewertet werden: Augenöffnen, Sprechen und Reaktion auf Schmerzreiz. Werden die Augen auf Ansprechen spontan geöffnet, gibt es beispielsweise 4 Punkte. Können die Augen gar nicht mehr geöffnet werden, gibt es nur einen Punkt. Ähnlich werden die Reaktionen bei den beiden anderen Funktionen (Sprechen, Schmerzreiz) bewertet. Je weniger Gesamtpunkte dabei erreicht werden, umso schwerer ist die Bewusstseinsstörung.
  • Allgemeine Ganzkörperuntersuchung und neurologische Untersuchung: dabei achtet der Arzt auf weitere Hinweise, wie äussere Verletzungszeichen (Prellungen, Kopfwunde, etc.), Zeichen eines vorangehenden Krampfanfalls (Zungenbiss, Einnässen) oder Einstichstellen bei Drogenkonsum. Als Hinweis auf eine Blutzucker entgleisung (starker Überzuckerung) fällt zum Beispiel auch ein typischer obstartiger, süsslicher Geruch der Atemluft (Azetongeruch) auf.

Weitere Diagnostik/Spezielle Untersuchungen

Ausgehend von den bisherigen Ergebnissen können verschiedene weitere Untersuchungen folgen:

  • Blutuntersuchungen (v.a. Blutzucker, Elektrolyte, Blutbild, Entzündungsparameter, Schilddrüsen-, Leber- und Nierenwerte, etc.)
  • Elektrokardiogramm (EKG, Ableitung der Herzströme)
  • Elektroenzephalogramm (EEG, Ableitung der Hirnströme)
  • Lungenröntgen
  • Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRI)
  • Ultraschalluntersuchung der Bauchorgane

Bei Bewusstseinsstörungen erfolgt immer zuerst eine notärztliche Erstversorgung zur Sicherstellung der Vitalfunktionen (Atmung, Kreislauf). Die weitere Therapie richtet sich nach der Ursache.

Die Therapie kann von der Verabreichung von entsprechenden Medikamenten bis hin zur Notoperation (z.B. bei Hirnblutung) reichen. Nachfolgend einige Beispiele:

  • Bei Unterzuckerung schnelle Zufuhr leicht verwertbaren Zuckers, wie Fruchtsäfte, Trauben- oder Würfelzucker. Ist dies nicht ausreichend, kann der Arzt auch Glukagon spritzen. Dieses Hormon ist der direkte Gegenspieler zum Insulin und bewirkt eine Erhöhung des Blutzuckerspiegels.
  • Bei einer Überzuckerung senkt man den Blutzuckerspiegel langsam mit Insulin.
  • Bei Ausfall der Niere kann eine Dialyse notwendig sein
  • Beim Leberausfall hilft im Endstadium nur noch eine Lebertransplantation.
  • Notoperation bei Hirnblutungen zur Druckentlastung
  • Ist das Gehirn direkt geschädigt (z.B. bei Schädel-Hirn-Trauma) wird der Betroffene oft in ein künstliches Koma überführt, das einer Langzeitnarkose gleichkommt. Durch die Bewusstseinsminderung wird der Körper entlastet, so dass er weitaus besser mit der Stresssituation der schweren Erkrankung fertig werden kann.

Dr. med. Fritz Grossenbacher

Fritz Grossenbacher hat in Bern Medizin studiert. Er besitzt einen Master of Medical Education der Universitäten Bern und Chicago und ein Zertifikat in Teaching Evidence based Medicine des UK Cochrane Center in Oxford.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
 
 
 
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