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Schluckstörungen können harmlos und vorübergehend sein oder auf eine Erkrankung hindeuten
Schluckstörungen können harmlos und vorübergehend sein oder auf eine Erkrankung hindeuten

Schlucken ist ein komplexer Vorgang. Dabei wird  Nahrung oder auch Speichel durch die Zunge in den Rachen und weiter in die Speiseröhre und in den Magen transportiert. Eine exakte Koordination der einzelnen involvierten Organe ist dafür notwendig. Wenn auf dem Weg vom Mund bis zum Mageneingang irgendwo ein Hindernis, eine Entzündung oder eine Infektion vorliegt, ist der Vorgang gestört und es kann zu erschwertem Schlucken oder Schmerzen beim Schlucken kommen. Dies vor allem bei Infektionen im Rachen- und Speiseröhrenbereich. Weitere mögliche Ursachen einer Schluckstörung sind Erkrankungen des zentralen Nervensystems, zum Beispiel ein Hirnschlag oder Parkinson. Schluckstörungen erhöhen das Risiko, Nahrung oder auch Medikamente versehentlich einzuatmen (Aspiration ), was wiederum das Risiko für eine Lungenentzündung erhöht.

Schluckstörungen (Dysphagie) betreffen den Schluckvorgang und damit auch die Nahrungsaufnahme, also die Aufnahme, die Zerkleinerung und den Transport von fester und flüssiger Nahrung (auch Speichel) vom Mund in den Magen.

Schluckstörungen können sich mit verschiedenen Beschwerden äussern: Schmerzen beim Schlucken, Nahrungsbestandteile gelangen in die Atemwege, was zu Hustenanfällen führt (Verschlucken). Erbrechen nach dem Schluckvorgang.

Der Schluckvorgang läuft in drei Phasen ab:

  • Orale Phase: Aufnahme und Zerkleinerung von Nahrung und Flüssigkeiten und Transport aus dem Mund in den Rachen.
  • Pharyngeale Phase (Pharynx = Rachen): Transport durch den Rachen in die Speiseröhre.
  • Ösophageale Phase (Ösophagus = Speiseröhre): Transport durch die Speiseröhre in den Magen.

Die Ursachen sind vielfältig. Harmlose Erkältungen und Entzündungen des Rachenraumes, aber auch ernsthaften neurologischen Erkrankungen oder psychische Ursachen können dahinter stecken.

Schluckstörungen können plötzlich auftreten (z.B. beim Schlaganfall) oder sich allmählich entwickeln (z.B. bei Parkinson oder Demenzen). Zusätzlich können Schmerzen beim Schlucken bestehen, was medizinisch als Odynophagie bezeichnet wird.

Es gibt direkte und indirekte Hinweise auf Schluckstörungen

  • Direkte Dysphagiezeichen umfassen jegliche Probleme bei der Nahrungsaufnahme, die in der unteren Rubrik "Wann zum Arzt" aufgelistet sind.
  • Indirekte Dysphagiezeichen sind: unklares Fieber, wiederholte Bronchitis oder sogar Lungenentzündung, ungewollte Gewichtsabnahme, Austrocknung.

Risiken und Folgen bei Schluckstörungen

  • Erstickungsanfälle durch "Verschlucken" beim Essen und Trinken
  • Bronchitis oder Lungenentzündungen, wenn Speisen oder Getränke versehentlich "verschluckt" werden (Aspiration).
  • Gewichtsverlust, Mangelernährung und Austrocknung: Betroffene essen und trinken zu wenig infolge der Schluckstörungen, aber auch schon aus Angst sich zu verschlucken.
  • Psychische Belastung, soziale Isolation (Vermeidung von Essen in Gesellschaft)
Mögliche Begleitsymptome: Appetitverlust, Gewichtsabnahme, verminderte Speichelbildung, Mundgeruch, Oberbauchbeschwerden, Erbrechen, Halsschmerzen, Brustschmerzen, Sodbrennen, Lähmungserscheinungen, Sprachstörungen, Lähmungserscheinungen, Gefühlsstörungen Arme und Beine

Schluckstörungen können viele verschieden Ursachen haben. Häufig sind es neurologische Erkrankungen, bei denen es zu Rachen- oder Kehlkopflähmungen kommt, wie bei Schlaganfall, Morbus Parkinson , Demenzen, Multipler Sklerose oder Hirnverletzungen. Weitere Gründe sind Erkrankungen im Mund- Rachenraum, der Speiseröhre , des Kehlkopfes oder des Magens. Auch nach Tumoroperationen oder Bestrahlungen sowie medikamentös bedingte Schluckstörungen sind möglich. Nicht zuletzt können auch psychische Ursachen zu Schluckstörungen führen.

Hinzu kommt, dass sich die Schluckfunktion auch mit dem natürlichen Alterungsprozess verschlechtert. Im Alter lassen Appetit, Geruchs- und Geschmackssinn nach und die Speichelproduktion und Muskelkraft verringert sich und oft besteht auch eine Abnutzung der Kiefergelenke. Kommen dann auch neurologische Probleme, schlecht sitzende Zahnprothesen, Entzündungen im Mund und Mundtrockenheit hinzu, führt dies zu ernsthaften Schluckstörungen.

Schluckstörungen aufgrund von neurologischen Erkrankungen

Schluckstörungen aufgrund von Erkrankungen im Mund-Rachenraum

Schluckstörungen aufgrund von Erkrankungen der Speiseröhre

  • Achalasie (Funktionsstörung am Übergang der unteren Speiseröhre zum Magen)
  • Speiseröhrendivertikel (Ösophagusdivertikel)
  • Entzündung der Speiserhöhre (Ösophagitis )
  • Speiseröhrenkrebs (Ösophaguskarzinom )
  • Verengung (Stenose ) der Speiseröhre (Ösophagusstenose)

Schluckstörungen aufgrund von Erkrankungen des Magens oder Dünndarms

Psychogene Schluckstörungen

  • Verhaltensstörungen
  • Essstörungen
  • Phagophobie (Angst vor dem Schlucken)

Schluckstörungen bergen immer die Gefahr sich zu verschlucken oder sogar zu ersticken, wenn ein Bissen im Hals stecken bleibt. Nicht selten sterben Schlaganfallpatienten in den ersten Tagen oder Wochen nach dem Schlag an einer Lungenentzündung infolge von Schluckstörungen. Nur durch eine exakte Diagnose und entsprechend gezielter Behandlung kann eine gestörte Schluckfähigkeit wiederhergestellt oder zumindest verbessert werden.

Wichtig zu wissen bei Schluckstörungen:

  • Nicht die Zusammensetzung der Speisen spielt eine Rolle, sondern die Konsistenz: Essen mit krümeliger, trockener, faserreicher oder harter Konsistenz ist schwerer zu kauen bzw. beim Kauen schwer zu kontrollieren.
  • Brei und passierte Nahrung sind am leichtesten zu schlucken.
  • Gemischte Konsistenzen sind zu vermeiden, wie Suppen mit Einlagen oder Schokolade mit Nüssen.
  • Langsam und gründlich kauen
  • Gleichzeitiges Essen und Trinken vermeiden, d.h. immer erst vollständig hinunterschlucken, bevor getrunken wird.
  • Hilfsmittel wie spezielles Geschirr, Besteck und Trinkhilfen erleichtern die Nahrungsaufnahme.
  • Risikofaktoren wie Rauchen oder Alkohol vermeiden.

Schluckstörungen, auch wenn sie nur leicht ausgeprägt sind, sollen immer ärztlich abgeklärt werden, insbesondere wenn sie stark ausgeprägt sind, länger als 1-2 Wochen andauern oder sich verschlechtern.

Den Betroffenen ist oftmals die Schluckstörung gar nicht bewusst. Trifft eine oder mehrere der folgenden Aussagen zu, sollte man unbedingt einen Arzt aufsuchen:

  • Beim Essen wird häufig gehustet, geräuspert oder gewürgt.
  • Essen oder Flüssigkeiten werden häufiger "verschluckt".
  • Essen oder Speichel laufen aus dem Mund.
  • Es besteht Angst sich zu verschlucken.
  • Das Schlucken von Tabletten bereitet Schwierigkeiten.
  • Feste Nahrung und/oder Flüssigkeiten lassen sich schwer schlucken.
  • Es bleibt Essen im Hals stecken.
  • Essen wird wieder ausgespuckt oder muss wieder hochgewürgt werden.
  • Beim Hochwürgen kommt etwas davon in die Nase.
  • Es muss viel getrunken werden, um einen Bissen herunter zu spülen.
  • Das Kauen macht Probleme.
  • Speisereste verbleiben in der Wange und können schwer mit der Zunge herausgeholt werden.
  • Es besteht Mundtrockenheit.
  • Die Nahrung bleibt am Gaumen kleben.
  • Es besteht ein Fremdkörpergefühl oder Klossgefühl im Hals.
  • Es besteht ein Brennen oder Schmerzen im Hals.
  • Das Essen dauert länger als früher.
  • Schlucken ist nur in einer bestimmten Körperhaltung möglich.
  • Es wurde ungewollt Gewicht verloren.
  • Essen in Gesellschaft wird wegen Probleme beim Essen vermieden.

Welcher Arzt ist zuständig?

Um sich ein genaues Bild von den aktuellen Beschwerden und den möglichen Ursachen zu machen, erfolgt zuerst die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und eine körperliche Untersuchung mit einfachen Hilfsmitteln (Betrachten, Abtasten, Abhören, Abklopfen, Funktionsprüfungen, etc.). Ausgehend davon können weitere spezielle Untersuchungen folgen.

Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese)

  • Fragen zu den Schluckstörungen selbst: seit wann, plötzlich oder allmählich aufgetreten, gleichbleibende oder zunehmende Problematik, wie sieht die Ernährung aus, welche Nahrungsmittel können gegessen werden und welche nicht, bestehen Schmerzen beim Schlucken, wurde ungewollt Gewicht verloren, gab es unklares Fieber , Bronchitis oder eine Lungenentzündung , sowie weitere spezifische Fragen zu den Schluckbeschwerden (siehe Rubrik "Wann zum Arzt").
  • Begleitsymptome (siehe oben)
  • Vor- und Begleiterkrankungen, inklusive Unfälle, Operationen
  • Bedeutsame Erkrankungen und Todesursachen in der Familie
  • Allergien
  • Medikamenteneinnahme
  • Lebensumstände, beruflicher und sozialer Hintergrund
  • Lebensgewohnheiten: Ernährung, Schlaf, Genussmittel (Kaffee, Alkohol, Nikotin, Drogen), Stress, etc.

Körperliche Untersuchung

Der Arzt achtet auf den allgemeinen Ernährungszustand und untersucht alle Organe, die am Schluckvorgang beteiligt sind (Gesicht, Hals, Lippen, Zunge , Zähne bzw. Gebiss, Mundhöhle, Rachen , Kehlkopf ) und Funktionen (Schluckreflex, Würgereflex, Hustenreflex). Es folgen Schluckversuche, zunächst nur der Speichel und wenn verantwortlich mit verschiedenen Konsistenzen (flüssig, breiig, fest).

Weitere Diagnostik/Spezielle Untersuchungen

  • Endoskopische Schluckuntersuchung über die Nase mit einem dünnen Schlauch und Mini-Kamera
  • Röntgen des Halses mit Kontrastmittelbrei
  • Ultraschalluntersuchung des Halses
  • Magenspiegelung (Gastroskopie)
  • Druckmessung in der Speiseröhre (Ösophagusmanometrie)
  • PH-Metrie: Während 24 Stunden wird mit einer dünnen Nasensonde der Säuregehalt im unteren Bereich der Speiseröhre gemessen
  • Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT)

Die Therapie richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad der Schluckstörung, wobei es grundsätzlich folgende Behandlungsmöglichkeiten gibt:

Allgemeine Massnahmen

  • Anpassung der Ernährung: geeignete Speisen wählen, Pürieren von Speisen oder Andicken von Getränken
  • Optimierung der Körper- und Kopfhaltung beim Essen und Trinken
  • Gezielte logopädische Schlucktherapie: Erlernen von speziellen Schlucktechniken, Training in den Bereichen Kauen, Saugen, Zungenkräftigung
  • Eis-Anwendungen zur Verbesserung der Reflexauslösung
  • Atemtraining zur Unterstützung der Schutzreflexe, vor allem des Hustens
  • Hilfsmittel: spezielles Geschirr, Besteck und Trinkhilfen, um die Nahrungsaufnahme zu erleichtern.

Behandlung der Grunderkrankung

Je nach Erkrankung reichen die Behandlungsoptionen von Medikamenten bis hin zu chirurgischen Eingriffen und den oben genannten allgemeinen Massnahmen. Dazu gehören auch z.B. ein neuer Zahnersatz oder das Absetzen oder Umstellen einer Medikation, die eine Dysphagie verursachen oder verstärken können oder eine Psychotherapie bei psychogener Schluckstörung.

Ernährungssonde zur Sicherstellung der Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr

Schwerwiegende Schluckstörungen erfordern eine künstliche Ernährung über eine Ernährungssonde. Dies erfolgt entweder über eine Nasensonde oder bei längerer Notwendigkeit mit einer sogenannten PEG-Sonde, bei der ein Schlauch durch die Haut am Bauch mit dem Magen verbunden ist. Der Schlauch kann unter der Kleidung getragen werden und ist somit für Andere nicht sichtbar.

Dr. med. Fritz Grossenbacher

Fritz Grossenbacher hat in Bern Medizin studiert. Er besitzt einen Master of Medical Education der Universitäten Bern und Chicago und ein Zertifikat in Teaching Evidence based Medicine des UK Cochrane Center in Oxford.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
  
 
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